Sonntag, 31. Juli 2011

Hexe oder Opfer


Hexe oder Opfer, oder beides? Was meint ihr, soll ich zu diesem Bild was ich gerade gezeichnet habe, eine Geschichte schreiben?

Mittwoch, 27. Juli 2011

Zuckerrohr und Peitsche Teil 3

Zuckerrohr und Peitsche Teil 1
Zuckerrohr und Peitsche Teil 2

Zuckerrohr und Peitsche Teil 3


Die Nacht war über die Northwik Plantage hereingebrochen. Niemand dachte im Herrenhaus in diesem Moment an die Sklaven auf den Feldern, denn es gab etwas zu feiern. Bens Verlobte war mit ihrer Familie zu Besuch gekommen. So wurde reichlich aufgetischt, denn Besuch aus Kingston war hier selten.

Douglas Bullhand, ein Kaufmann aus Kingston saß Edward Northwik gegenüber. Alice und ihre Tochter Nora saßen zur Rechten, während Ben Northwik neben seiner zukünftigen Verlobten Sandra Bullhand saß. Sandra war ein zartes, fast zerbrechlich wirkendes Geschöpf. Sie trug ein weißes Kleid, welches durch ein Korsett gestützt wurde. Ihre blasse Haut bekam nur etwas Farbe durch das Licht der Kerzenleuchter, welche den Raum hell und freundlich machten. Vereinzelt konnte man neckische Sommersprossen auf ihren Wangen erkennen. Die junge Frau hatte kein besonders üppiges, aber wohlproportioniertes Dekolleté, welches durch das raffinierte, mit Spitzen verzierte Kleid ansehnlich zur Geltung kam.

Die Bullhands waren zweifellos reich und trugen dies gerne zur Schau. Douglas Bullhand vergaß in der prahlerischen Unterhaltung der beiden Familienoberhäupter niemals zu betonen, dass sein Anzug vom teuersten Schneider in London kam. Zwischen Edward und Douglas entwickelte sich ein regelrechter Wettstreit, in dem sich nur selten einer der anderen einmischte.

"Ich habe gesehen, Sie haben nur Stuten für Ihren Wagen eingespannt. Sind Hengste nicht kräftiger?", fragte schließlich Ben, dem das Gerede der alten Männer genauso langweilte, wie seine blonde und schweigsame Verlobte. Sie schien sich überhaupt nicht für ihn zu interessieren, sondern lebt wohl in einer eigenen Welt.

"Ach Junge, du musst noch viel lernen!", lachte Douglas laut. "Bei einem Arbeitstier kommt es nicht nur auf die Kraft, sondern auch auf die Fügsamkeit an. Eine Stute fügt sie unter der Peitsche weit besser, als ein Hengst. Das solltet ihr hier auf eurer Plantage doch wissen."

Die Männer lachten alle und auch Nora, Bens ältere Schwester lachte und warf Naomi einen durchdringenden Blick zu, als diese gerade mit dem nächsten Gang hereinkam. Naomi war in Noras Alter und hatte für eine schwarze Sklavin sehr helle Haut. Schon öfters hatte die Tochter des Plantagenbesitzers darüber spekuliert, ob sie nicht vielleicht ihr eigener Vater sie gezeugt hatte. Fatima, Naomis Mutter, war schließlich eine recht hübsche Frau für eine schwarze Sklavin.

Naomi senkte ihren Blick, um nicht ausversehen zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die junge Mulattin wusste von ihrer Mutter, wie man sich dem weißen Mann gegenüber verhält. Er hatte die Macht über Leben und Schmerz. Einen der Männer hier am Tisch zu reizen mochte nichts Gutes bedeuten. So stellte sie rasch die Teller mit gegrillten Hühnerhälften auf den Tisch.

Sie wusste, dass Master Ben sie beobachtete, denn Ben liebte es seine Lüste an ihr auszuleben, wann immer sich dafür die Gelegenheit bot. Genau wie sein Vater war er dabei oft grob und Naomi wusste, dass sie ihm keinen Grund liefern sollte, die Peitsche noch öfters zu benutzen, als er es ohne hin schon tat. Der Sohn des Plantagenbesitzers hatte keine rechte Aufgabe auf der vor allem von schwarzen Sklaven bewirtschafteten Plantage. Wie seine Schwester genoss er ein leichtes und recht unbeschwertes Leben.

Naomi hoffte insgeheim, dass nach der Hochzeit des jungen Herrn, seine Nachstellungen aufhören würden. In ihren Augen loderte noch immer Hass auf, wenn Ben sie in der Küche, im Esszimmer, oder wo immer er sie sonst alleine antraf, packte und über sie herfiel. Manchmal nutze er erst die Peitsche, manchmal befriedigte er sofort seine Lust in ihr. Dabei nutzte der Junge im Gegensatz zu seinem Vater vor allem ihren hinteren Eingang, welcher noch weit mehr schmerzte.

"Du kannst gehen, Naomi." Alices Stimme riss die Sklavin aus ihren Gedanken. Bens freundliche Mutter, die im Gegensatz zu ihrem Mann und Kindern die Sklaven nie schlecht behandelte, schickte das Mädchen nicht ohne Grund weg. Ihr waren die Blicke ihres Sohnes nicht entgangen, mit der er die üppigen Rundungen seiner Halbschwester bedachte.

"Danke Herrin", hauchte Naomi, die inzwischen die leeren Teller eingesammelt hatte. Dann verließ sie hastig das Zimmer. Sie wusste nicht, ob Alice sie weggeschickt hatte, um sie vor den Nachstellungen ihres Sohns zu schützen, oder ob sie nur nicht wollte, dass er es in Gegenwart seiner zukünftigen Frau tat.

Währenddessen hatte sich das Thema der Männer geändert. Douglas Bullhand erzählte Edward von seinen Geschäften und den Gefahren durch die Piraten.

"Die Piraten sind der Flucht der Karibik. Trotz der hohen Steuern und Zölle schafft es der König nicht, die Gewässer zu sichern. Wozu werfe ich dem Staat überhaupt mein Geld in den Rachen." Die Verärgerung des Geschäftsmannes war deutlich zu hören.

"Sind die Piraten wirklich immer noch so eine Gefahr?", fragte Ben. Der viel von dieser Geißel der Weltmeere gehört hatte, wobei sich das Meiste auf überzogene Abenteuergeschichten reduzieren ließ.

"Ja, selbst ich habe schon ein Schiff an diese Verbrecher verloren." Bullhand fluchte leise. "Piraten sind das schändlichste Gesindel, was jemals die Karibik heimgesucht hat. Angeblich sind sogar einige entlaufene Sklaven unter ihnen."

Sandra zuckte leicht zusammen, wobei dies niemanden der Northwiks auffiel, und Douglas kein großes Interesse an der Gefühlswelt seiner Tochter hatte. Das Mädchen katte vor einem halben Jahr einen Piratenüberfall miterlebt, als sie an Bord eines der Schiffe ihres Vaters war. Dies war auch der Grund, warum ihr Vater sie jetzt mit einem Plantagenbesitzer verheiratete. Der Piratenkapitän hatte nicht nur die Waren des Schiffes geraubt, er hatte sich auch Sandras Jungfräulichkeit genommen.

Die Erinnerungen an die Nacht mit dem gefürchteten Piratenkapitän Long John Sinner waren weit weniger Schlimm, als man gemeinhin dachte. Der Pirat war ein Mischling. Seine dunkelbraune Haut und sein ebenso dunkles Haar standen im Widerspruch zu seinen hellen, grünen Augen, die wie Smaragde glänzten. Er hatte sie nicht wirklich mit Gewalt genommen, nein, er hatte sie verführt. Denn erst in der Nacht vor ihrer Freilassung hatte sie sich ihm hingegeben. Hätte sie gewusst, dass ihr Vater sie an einen grobschlächtigen Sklaventreiber verheiraten würde, hätte sie vielleicht sogar Johns Angebot wahrgenommen, bei ihm zu bleiben. Doch dafür war es jetzt zu spät.

John war ohne sie weiter gesegelt und frei, während sie in die Sklaverei einer ungewollten Ehe gezwungen wurde. Sie empfand nichts für Ben und sein Vater bereitete ihr sogar Angst. Mehrmals hatte sie ihren Vater gebeten, sie nicht mit dem impulsiven jungen Northwik zu verheiraten, doch all ihr flehen blieb ohne gehör. Was sie wollte, zählte nicht. Sie war nur eine junge Frau und auf Gedeih und Verderb dem Willen ihres Vaters und ihres zukünftigen Ehemanns unterworfen. Sie war eine Sklavin, auch wenn sie die noblen Gewänder einer Kaufmannstochter trug.

Heimlich hatte sie in den vergangenen Monaten noch so manchen Brief mit John ausgetauscht. Der kühne Piratenkapitän hatte es immer wieder geschafft, ihr flammende Liebesbriefe zukommen zu lassen, und auch sie hatte ihm so manchen Brief ihrer jugendlichen Schwärmerei überbringen lassen. Seine Briefe waren ihr Geheimnis, ihr Piratenschatz, den sie in ihrer kleinen Kiste unter dem Bett verstaute. Vielleicht mochte sie hier als Ehefrau eines Sklavenhalters enden, doch dieses jugendliche Abenteuer blieb ihr für immer erhalten und würde ihr Kraft für die Zukunft geben.

***

Der Abend war auf der Plantage weit vorangeschritten, als plötzlich ein Aufruhr vor dem Haus die illustre Runde der Männer aufscheuchte. Edward Northwik ging gefolgt von Douglas Bullhand und seinem Sohn hinaus auf die Veranda, um nach dem Rechten zu sehen. Er erblickte Mister Johnson, der auf einem Pferd saß und eine Fackel in der Hand hielt. Hinter ihm standen Rihanna und Kabona. Beide waren gefesselt. Ein Ast war jeweils über ihren Nacken gelegt und ihre Handgelenke waren an diesen gebunden. Um den Hals trugen die beiden Sklaven eine Schlinge.

Rihanna trug die zerfetzte Kleidung an ihrem Leib, in der Edward sie am Tag zurückgelassen hatte. Ihr Blick war aufrecht und kochte vor Zorn, als sie ihren Herrn aus dem Haus kommen sah. Er hatte sie in die Wildnis verschleppt und ihren Leib missbraucht. Er hatte sie weggeworfen, wie ein benutztes Spielzeug. Ihr Zorn richtete sich jedoch nicht nur gegen ihren Herrn, nein auch der Sklavenaufseher Johnson wurde von der jungen Frau mit vernichtenden Blicken gestraft. Er hatte Kabona brutal niedergeschlagen, ob wohl dieser ihr nur zurück zu den Sklavenquartieren helfen wollte. Sie hatten versucht es dem Aufseher zu erklären, als er sie bei der Rückkehr zu den Unterkünften erwischt hatte, doch er wollte ihnen keinen Glauben schenkten.

"Was geht hier vor?", fragte der Plantagenbesitzer mit lauter, herrischer Stimme.

Er blickte in Rihannas zornerfüllte Augen. Blut sickerte schwarz wie die Nacht an ihrem rechten Mundwinkel hinab bis zum Kinn. In ihrem zerrissenen Kleid und mit ihrer ebenholzfarbenen Haut wirkte sie im Fackellicht wie eine der Hölle entsprungene Furie. Edward erkannt natürlich sein eigenes Werk, welches in dem Mädchen. Aber auch Johnson hatte sie wohl ebenfalls gezeichnet, denn das Blut an ihrem Mund glänzte frisch im schwachen Licht.

Auch Kabona trug deutliche Zeichen im Gesicht. Ein Peitschenhieb hatte von seiner linken Stirn bis zu seiner rechten Wange die Haut aufplatzen lassen und das Blut glänzte ebenfalls dunkel in seinem Gesicht. Genau wie Rihanna war in seinen jungen Augen noch ein trotziger Stolz zu erkennen, der den erfahrenen Sklavenhalter kurz beunruhigte.

Nun kamen auch die Frauen aus dem Haus, allen voran Nora, die immer recht neugierig war. Ihr folgte Northwiks Frau und Sandra Bullhand. Auch einige der Sklaven kamen aus ihren Hütten angelaufen. Alles entwickelte sich schnell zu einem richtigen Massenauflauf.

"Ich habe die Beiden erwischt, wie sie sich aus dem Lager davon stehlen wollten", erklärte Mister Johnson mit fester Stimme, als das Publikum versammelt war.

Kabona, der kaum die Sprache des weißen Mannes beherrschte wollte etwas sagen, doch Rihanna, kam ihm zuvor. Es ging ihr nicht um ihr eigenes Schicksal, doch sie wollte nicht, dass Kabona bestraft wurde. Er hatte ihr nur helfen wollen. So sprach sie: "Herr, ich hatte mich beim Wasserholen verlaufen und Kabona brachte mich zurück."

Alice, die den blutenden jungen Schwarzafrikaner sofort erblickte, ergriff intuitiv ihr Taschentuch und eilte heran um sein Gesicht und sein Auge vom Blut zu säubern. Anders, als für ihren Mann, waren auch dunkelhäutige Sklaven vor allem Menschen. Edward ließ sie normal in ihrer naiven Welt gewähren, doch heute konnte er ihr schwaches Herz nicht gebrauchen.

"Halt! Frau!", rief er laut. "Entlaufene Sklaven haben kein Mitleid verdient."

Alice gehorchte nicht, sondern wischte weiter das Blut vom Gesicht des Jungen, der im Alter ihres Sohnes war. Das weiße Taschentuch saugte sich schnell mit dem frischen Blut des jungen Mannes voll.

"Wir wollten nicht davonlaufen", murmelte Kabona mit tiefer Stimme. Er sichtlich mühe hatte, die Worte zu formen.

"Lügen, nichts als Lügen!", fauchte Edward, der die Wahrheit nur zu gut kannte. Er hatte Rihanna bewusstlos im Wald zurückgelassen. Wenn Johnson die Beiden in der Nähe der Sklavenunterkünfte aufgegriffen hatte, musste Kabona sie wirklich zurückgebracht haben. Doch er konnte sein Wissen unmöglich offenbaren. Nicht vor seiner Frau, nicht vor den Bullhands.

"Wie geht ihr hier für gewöhnlich mit davongelaufenen Sklaven um?", fragte Douglas. In seinen Augen glänzte etwas. Erwartung und Lust auf ein Schauspiel, welches ihm die beschwerliche Reise aus Kingston versüßte. Und da war noch etwas, eine offene Rechnung, die er dabei nur all zu gut präsentieren konnte.

"Wir peitschen sie aus!", meinte Ben kühl. Er hätte hinzufügen können, dass es nicht oft vorkam. Die meisten Sklaven kamen bei ihrer erneuten Gefangennahme meist ums Leben, sofern sie nicht schon auf der Flucht durch die Wildnis starben. Ausgepeitscht wurden die Sklaven meist eher wegen geringen Verfehlungen.

"Ausgezeichnet!", meinte der Kaufmann und steifte sich mit den Fingern über sein glattes Kinn. "Warum führst du es uns nicht gleich hier vor. Das ist doch sicher ein netter Abschluss für diesen wunderschönen Abend, mein zukünftiger Schwiegersohn."

Ben blickte seinen Vater fragend an. Er hatte die Peitsche meist eher aus Spaß genutzt. Die wirkliche Bestrafung oblag meist dem Sklavenaufseher Mister Johnson. Sein Vater schien zu überlegen. Er hatte gefallen an den skrupellosen Worten des Kaufmanns gefunden. Vielleicht war dieser Angeber, dessen Tochter bald unter seinem Haus wohnen würde, doch ein Mann nach seinem Geschmack. Edward dachte kurz nach. Kabona war ein Sklave von Wert. Wenn sein Sohn, der die Peitsche bis jetzt meist nur an seiner Halbschwester Naomi angesetzt hatte, diesen Jungen zu Schaden schlagen würde, wäre es schade. Vielleicht gab es da eine bessere Idee.

"Mister Johnson!", rief er laut.

"Ja, Mister Northwik, Sir." Johnson warte den höflichen Ton gegenüber Northwik nur, da er wusste, dass der Plantagenbesitzer gerne vor seinen Gästen den starken Mann raus kehrte. Das war auch sein Grund für das harte Durchgreifen gegenüber den beiden jungen Sklaven. Normal hätte er den Jungen verprüglet und das Mädchen flach gelegt. Doch da er wusste, dass Northwiks Samen wohl noch von heute Nachmittag in ihr war, hatte er wenig Interesse daran. Zumal es auf der Plantage auch andere Sklavinnen gab, die er nach seinem Belieben benutzen konnte. So machte er daraus eine Affäre, die die noble Gesellschaft erfreute oder schockte, denn bei Sandra war er sich fast sicher, dass diese gewiss noch nie den Spaß einer Auspeitschung miterleben durfte.

"Binden Sie die entlaufenen Sklaven zur Auspeitschung an die Pfähle!", befahl Edawrd mit strengem Ton.

Alice blickte ihren Mann missbilligend an, sagte aber nichts. Sie hatte sich in ihren Ehejahren damit abgefunden, in dieser grausamen Gesellschaft kaum etwas bewegen zu können. Sie seid der Geburt ihres Sohns mied die Nähe zu ihrem Mann. Sie hasste ihn nicht, doch fühlte sie sich bei seiner grobschlächtigen Art unwohl. Ihm machte es auch nicht viel aus, denn ihr Mann befriedigte seine Triebe sowieso schon davor meist bei den jungen Sklavinnen, die er schlagen und behandeln konnte, wie er wollte.

"Ja, Mister Northwik, Sir!"

"Ben, hol deine Peitsche. Du darfst deiner Verlobten zeigen, wie fähig du damit umgehen kannst."

***

Ben eilte davon, um im Haus seine lange Bullenpeitsche zu holen. Der Sklaventreiber ließ Rihanna von zwei kräftigen Sklaven zwischen zwei Pfähle binden. Die auf dem Platz vor dem Herrenhaus aus Standen. Die älteren Sklaven taten dies ohne Mitgefühl oder Zögern. Sie waren über viele Jahre mit der Peitsche erzogen worden und kannten das Mädchen nicht, welches für sie eine Fremde war. So wurde die junge Sklavin fest an ihren Handgelenken an die hölzernen Stangen gebunden, so dass sich diese leicht über ihrer Kopfhöhe befanden und die zierliche junge Frau stützen.

Rihanna leistete keinen Widerstand. Sie wusste, dass sie der Gewalt des weißen Mannes und der anderen Sklaven gnadenlos ausgeliefert war. Man würde sie nicht anhören. Sie hasste die Männer, die ihr das antaten. Sie hasste die Männer, die Kabona das antaten. Er wehrte sich leicht gegen die Griffe der Sklaven, doch ein Schlag mit einem Holzknüppel ließ den stolzen Jungen hilflos zusammensacken, so dass man ihn zwischen zwei andere Pfähle stellen und genau wie sie festbinden konnte.

"Sieh genau hin, Täubchen", meinte Bullhand zu seiner Tochter. Er hatte einen Arm auf ihre Schulter gelegt. "Das passiert mit allen jungen Dingern, die von hier fliehen wollen."

Ein Schauer überkam die junge Kaufmannstochter. Sie erkannte ihren Vater nicht wieder. Mit lüsternem Blick sah er auf die dunkelhäutige Sklavin, die vielleicht in Sandras Alter sein mochte. Ihre Brüste lagen offen im Licht der sie umringenden Fackeln und sie schnaufte von Tränen und Wut erfüllt. Ben hatte hinter ihr Stellung bezogen. Sein weißes Hemd leuchtete fast im Dunkeln, als er die Peitsche ausholte, um nach Rihannas nackter Haut zu zielen.

Mister Johnson stand nun hinter Kabona, der wieder zu sich gekommen war und laut in einer unbekannten Sprache schrie und fluchte. Die Sklaven der Plantage waren nun ebenfalls vollzählig herbeigerufen worden, um den Spruch ihres Herrn zu empfangen.

"Diese beiden Sklaven haben versucht zu fliehen. Nach dem Gesetz bin ich verpflichtet, sie zu bestrafen." Natürlich gab es kein Gesetz, dass die Bestrafung forderte, doch es war erlaubt. Für Edward war dies damit gute Christenpflicht und eine gute Lehre für alle anderen. "Beide sollen für ihren Verrat an mir mit je 40 Peitschenhieben bestraft werden. Lasst es euch eine Lehre sein, ihr undankbares Pack."

Ein leichtes Gemurmel war unter den Sklaven zu hören. Viele konnten kaum Englisch und kamen aus unterschiedlichsten Stämmen. So war es mehr ein wildes Sprachengewirr, als eine Unterhaltung. Dutzende Fackel hatten den Platz vor dem Herrenhaus in rötliches Licht getaucht. Die tropische Hitze hatte auch in der Nacht nicht abgenommen. Das Licht fing sich in den Schweißperlen und tauchte die nackten Oberkörper der Sklaven in ein surreales Glühen. Die Frauen aus dem Herrenhaus trugen ausnahmslos weiße Kleider. Selbst Naomi und Fatima. Sie bildeten einen fast sakralen Gegensatz zu den dunklen, in Lumpen gehüllten Sklaven. Der Plantagenbesitzer und der Kaufmann standen, wie Feldherren auf der Veranda, während Ben und Johnson Aufstellung bezogen hatten.

Ben zerriss Rihannas Kleid und legte damit nicht nur ihre wohlgeformten Brüste, sondern auch den Rest ihres jungen, ebenenholzfarbenen Körpers frei, welcher sich im Spiel des Feuers vor den Augen der Anwesenden darbot. Beschämt senkte sie ihr Haupt. Die junge Sklavin hatte es bisher vermeiden können, auf solch erniedrigende Weise vor so vielen Männern zur Schau gestellt zu werden. Bei den Winrows gehörte sie als Küchenhilfe zum Haushalt. Bis vor kurzen durfte sie dort im Herrenhaus schlafen und kannte den Knall der Peitsche nur aus der Ferne. Doch die Winrows waren an einem Fieber gestorben und sie war in die Hände dieses widerlichen Herrn geraten. Dass sein Sohn sie nun vor allen entblößte, beschämte sie noch weiter.

Die männlichen Sklaven blickten fasziniert auf Rihanna, deren glatte, nackte Haut sich ihren gierigen Augen darbot. Das Mädchen hatte sich wie ein scheues Tier vor ihnen verborgen gehalten und war so den Nachstellungen der Männer entgangen. Die Sklavinnen der Plantage waren nämlich keinesfalls nur der Gier, des weißen Mannes ausgeliefert. Nein, unter den Sklaven gab es ebenfalls eine Rangordnung, welche sogar von Johnson respektiert wurde. Der erfahrene Vorarbeiter der Zuckerrohrplantage wusste genau, welche Sklaven wie weit oben standen. Kabona gehörte nicht dazu und so ließ er mit einer geschmeidigen Handbewegung die Peitsche über den Rücken des Jungen gleiten, als der alte Northwik ihm zunickte.

Der muskulöse Junge schrie auf, als das Leder seine Haut traf und sich, wie eine giftige Schlange in seine Haut vergrub. Ben hörte das Signal und schlug ebenfalls zu. Bis jetzt hatte er meist nur Naomi mit der Peitsche gezüchtigt. Es hatte im immer eine gewisse Lust bereitet, die junge Frau vor dem Sex mit der Reitgerte oder der Peitsche zu züchtigen. Die Mulattin wurde nach ein paar Schlägen mit der Gerte auf ihren nackten Arsch ganz schnell feucht und unterwarf sich allen Wünschen ihres ein Jahr jüngeren Herrn. Nun war es an der Zeit dieser Sklavin zu zeigen, was er konnte.

Rihanna hatte sich bis zum heutigen Tag von Ben verbergen können. Doch dieser Tag würde in ihrem Leben alles ändern. Sein Vater hatte ihre Jungfräulichkeit genommen, er würde ihren Körper und ihre Seele nehmen. Der erste Peitschenhieb traf sie nicht unvorbereitet. Trotzdem spiegelte sich ungläubiges Entsetzen in ihrer Miene wieder, als sie getroffen wurde. Noch niemals zuvor hatte sich das Leder so um ihren zarten Körper geschlungen. Ein heller Schrei entkam ihrer Kehle und sie hörte nicht mal Kabona, der neben ihr ebenfalls aufschrie. Zu sehr war sie auf ihre eigenen Schmerz konzentriert.

"Eins!", rief der Plantagenbesitzer mit lauter Stimme.

Der nächste Schlag traf sie noch härter. Von ihrer linken Schulter bis zu ihrer rechten Pobacke zogen sich die Striemen der Misshandlung durch den jungen Herrn, der seine ganze kraft in den Schlag gelegt hatte. Die Lederschlange presste die Luft aus ihren Lungen und Tränen schossen in ihre Rehaugen.

"Zwei!"

Der folgende Hieb traf die Sklavin von der Seite. Das Leder wickelte sich um ihre Brust und züngelte über ihren Busen. Auf der dunklen Haut hinterließ es kaum sichtbare Spuren, während Rihana der Atem stockte. Sie keuchte laut, als sich das Höllenfeuer entlang der mit Gewalt gezogenen Striemen ausbreitete.

"Sieh gut hin, Tochter!", wiederholte sich Bullhand aufs Neue. "Das passiert mit allen jungen Dingern, die von hier fliehen wollen."

Sandra zuckte zusammen. Warum sagte er das zu ihr? Jeder Peitschenknall der einen der Beiden traf, ließ auch sie innerlich aufschreien. Ihre Augen waren auf Rihanna gerichtete. Das Mädchen in ihrem Alter wand sich unter den Peitschenschlägen ihres Verlobten. Sie bäumte sich auf und schrie ihren Schmerz aus ihren Lungen, während Edward, ihr zukünftiger Schwiegervater laut zählte.

Douglas beugte sich vor und flüsterte seiner Tochter ins Ohr: "Hier wird dich dein Pirat sicher nicht retten kommen. Also denk gar nicht erst daran, von hier zu fliehen."

Sandra erschauderte. Sie wusste auf einmal, warum ihr Vater sie so plötzlich an diesen Sohn eines Plantagenbesitzers verheiraten wollte. Wie Schuppen fiel es ihr von den Augen, während die Schreie der Sklaven und das Knallen der Peitsche durch ihr Hirn schossen. Er wusste von ihren wahren Gefühlen für den Piratenkapitän, der sie entführt hatte. Ihr Vater musste etwas von den Briefen zwischen Long John Sinner und ihr mitbekommen haben. Wollte er sie deswegen hier her verbannen? Wollte er sie bestrafen?

"Warum?", war das einzige Wort, was sie über ihre Lippen brachte.

"Ich habe dich großgezogen und dir jede Freiheit gewährt und du hast mich mit diesem Piraten, meinen Erzfeinden betrogen. Du hast für ihn sogar freiwillig die Beine breitgemacht und damit dich und mich entehrt. Jetzt bekommst du einen Platz in der grünen Hölle. Hier wirst du lernen, demütig und dankbar zu sein, oder dein Mann wird es dich genauso wie dieses Ding da bestrafen. Und glaub nicht, du könntest nach Kingston abhauen. Ich habe schon mit deinem Schwiegervater gesprochen. Er wird dich gerne bis zu deiner Hochzeit nächsten Monat hier behalten. Da du sowieso keine Jungfrau mehr bist, kann sich Ben dann auch gleich daran machen, mir ein Enkelkind zu zeugen. Dein erster Junger kommt dann zu mir und wird mein Vermögen erben. So steht es im Ehevertrag."

Sandra schluckte und starrte in Rihannas glänzende Augen. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie wusste, dass ihr Vater ein skrupelloser Geschäftsmann war, der durch Sklavenhandel und Zuckerrohr sehr reich geworden war. Aber niemals hätte sie gedacht, dass er sie, sein einziges Kind nur als Gebärmaschine betrachten würde, die ihm einen in seinen Augen wertvollen Erben liefern sollte.

Johnson legte nicht sonderlich viel Kraft hinein, sonder glitt mit dem Leder über die Haut des Mannes, um diesem vor allem Schmerz und Angst einzutrichtern. Er wollte ihn die Angst vor der Peitsche lehren und ihn nicht durch zu feste Schläge arbeitsunfähig zu machen. Kabona biss inzwischen immer wieder die Zähne zusammen. Sein Körper hatte sich an den Schmerz gewöhnt. Jeder Schlag schien ihn mehr zu härten, als zu schwächen. Angst wich Entschlossenheit. Er war kein Sklave, er war ein Stammeskrieger und irgendwann würde seine Chance kommen, das schwor er sich im Geheimen.

Plötzlich legten sie eine Pause ein und der Junge biss auf seine dicke Lippe, während er sich unter Schmerzen umsah. Rihanna lag schlaff in ihren Fesseln. Er konnte nicht erkennen, ob sie tot war oder noch lebte. Erschrocken riss er an seinen Fesseln. Der weiße Mann, der ihn bis jetzt gepeitscht hatte, ging an ihm vorbei und griff Rihanna ins Haar. Kabona verfluchte sich, mit ihr zurückgekehrt zu sein. Sie hätte ihr gemeinsam fliehen sollen. Er hätte in der Wildnis untertauchen und dort das Schicksal herausfordern sollen.

"Ist sie tot?", fragte Nora Northwik, die das Schauspiel fasziniert beobachtet hatte. Nora hatte noch nie eine Sklavin gesehen, die an dem Pfählen ausgepeitscht wurde. Es erregte sie innerlich, wie sich die Peitsche um den nackten Körper gewickelt und dem Mädchen die Schreie entlockt hatte. So war ihre Frage auch mehr aus Neugier, denn aus Anteilnahme begründet.

"Bringt Wasser!", befahl Johnson den Sklaven. "Nein, sie ist nur in Ohnmacht gefallen."

"Ben, nicht so fest. Behandel sie wie eine Geliebte, wie deine Frau, nicht wie Schlachtvieh."

Diese Worte kamen von Bens Vater, der erregt ansah, wie das Mädchen, welches er noch Stunden zuvor im Wald unter sich liegen hatte, nun von seinem Sohn ausgepeitscht wurde. Ihr Körper war schlaff, ihr Kopf gesenkt. Das Haar fiel ihr über die Schultern und bis zu ihren Brüsten. Die sich noch immer verräterisch bewegten. Die Handgelenke der dunkelhäutigen Schönheit waren wund gescheuert. Seine Augen hafteten an ihr, als sich ein Schwall von Wasser über ihren Kopf und ihren wundgeschlagenen Körper ergoss. Die Striemen waren inzwischen deutlich zu sehen. Manche waren aufgeplatzt. Blut vermischte sich mit Wasser und Schweiß. Es floss über ihre Brüste und ihren Rücken, sammelte sich zwischen ihren Schenkeln und in ihrem Flaum, bevor es schließ herunter tropfte, wie es der Lustnektar einer wollüstigen Frau zu tun pflegt. Zwischen ihren schlanken Schenkeln bildete sich ein Rinnsal, der bis zu ihren Füßen reichte, bevor er den ausgetrockneten, staubigen Boden nährte.

Rihanna erwachte aus ihrer Ohnmacht. Doch sie erwachte erneut in der Hölle der Plantage. Ben blickte zu seiner Verlobten und lächelte, als er die Angst in ihren Augen erkannte. Er wusste nichts von den Worten ihres Vaters. Er wusste auch nichts von dem Ehevertrag zwischen den Bullhands und Northwik. Für ihn gewann das Mädchen in diesem Moment lediglich seinen Reiz durch ihre Angst. Der ansonsten so unbedeutende Junge fühlte seine Überlegenheit und kostete das Gefühl aus.

Mit einem Ruck ließ er die Peitsche auf dem Körper der Sklavin niederkommen. Er traf ihren jungen, leicht rundlichen Po, welchen er bis jetzt verschont hatte, und erntete dafür einen lauten Schrei. Mehr noch als der Schrei gefiel ihm das Zusammenzucken seiner zukünftigen Frau. Sie schien richtig Angst vor der Peitsche zu haben. Vielleicht würde er sie nur als Spaß in ihrer Hochzeitsnacht mit ins Bett nehmen.

Johnson und Ben vollführten die letzten Peitschenhiebe, bevor das Schauspiel schließlich ein Ende fand. Johnson hob sich den kräftigsten Schlag für den Schluss auf, und brachte Kabona damit noch einmal zum Schreien. Dieser Schlag von seiner linken Schulter bis zu seiner rechten Hüfte platze auf und raubte den Jungen fast das Bewusstsein, aber er hielt durch.

Auch Rihanna überstand die letzten Schläge, ohne erneut in eine gnädige Ohnmacht zu fallen. Sie bäumte sich bei jedem Schlag auf. Ihr Brüste, die bereits von einzigen Striemen gezeichnet waren, glänzten im Schein der Fackel. Wild fiel ihr das Haar über Schultern und Rücken. Sie zerrten verzweifelt an ihren Fesseln und rief um nun weinerlich um Gnade. Doch ihr wurde keine gewährt. Im Gegenteil. Die Schläge des jungen Herrn wurden nun mit grenzenloser Lust zu Ende geführt, während die junge Sklavin den lüsternen Blicken der anderen Männer ausgesetzt war und diese Lust bis tief in sich hinein fühlte. Man wollte sie, man begehrte sie, und sie wusste, dass ihr Leiden mit dieser Nacht nicht enden würde.

Ben hatte inzwischen mehr und mehr sein Augenmerk auf Sandra gerichtet und hätte am liebsten sofort mit ihr weiter gemacht. Doch noch war es nicht soweit. Noch war sie nur seine Verlobte. Jetzt, nach der Auspeitschung der beiden Sklaven, konnte Ben es plötzlich kaum mehr erwarten, bis Sandra seine Frau war. Sie war in seinen Augen immer noch langweilig, doch würde es ihm große Lust bereiten, auch sie zum Schreien zu bringen.

***

Es war Fatima, die sich um die beiden jungen Sklaven kümmerte. Gemeinsam mit Naomi versorgte sie die Wunden mit alten Kräutermischungen, die sie schon von ihrer Mutter gelernt hatte. Rihanna weinte die ganze Nacht, während Kabona stumm zu ihr sah, und seine Hand nach ihrer ausstreckte. Das Mädchen ergriff diese dankbar, während sie vor Schmerz und Schande wimmernd auf den erlösenden Schlaf hoffte.

Doch Rihanna war nicht die Einzige, die in jener Nacht mit den Tränen kämpfte. Sandra lag ebenfalls in ihrem Bett, welches sie mit Nora, ihrer zukünftigen Schwägerin teilte. Während Nora schlief und davon träumte, an der Stelle ihres Bruders zu sein, schluchzte und weinte die Kaufmannstochter.

Sandra wusste, dass sie hier nun eine Sklavin sein würde. Verbannt und Verraten von ihrem eigenen Vater, der sie in die Hände eines Monsters geschickt hatte. Das Mädchen wusste nicht vor wem sie mehr Angst haben würde. Alle Männer auf dieser Plantage waren in ihren Augen Monster. Bestien, die der Hölle entsprungen waren. Immer wieder tauchte Bens Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf, wie er sie anblickte, während er die Peitsche auf den hilflosen Mädchenkörper niederfahren ließ. Dachte er dabei an sie? War dies vielleicht nur ein Vorgeschmack auf das gewesen, was sie noch zu erwarten hatte? Ein eisiger Schauer überkam sie.

"Oh John, warum hast du mich nur nicht bei dir behalten?", murmelte sie schlaftrunken. "Oh, John, ich vermisse dich." Mit diesen Worten auf den Lippen und seinen grünlich schimmernden Augen schlief das Mädchen schließlich ein.

Freitag, 22. Juli 2011

Piratenprinzessin: Kapitel 4

Bisher erschienen:
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3

Piratenprinzessin: Kapitel 4

Longs Magen knurrte. Lüstern blickte er auf die Ratte, die furchtlos im Schiffsbrauch hin und her huschte. Nachdem man ihn erst mit den anderen Gefangenen der Goldgreed untergebracht hatte, brachte man ihn am folgenden Tag eine Etage tiefer. Die Meuterer wollten ihm nicht bei ihrer routinemäßigen Arbeit sehen. So verbrachte der dunkelhäutige Riese seine Zeit in den finsteren Tiefen des Schiffes, welches immer noch mit dem Sturm kämpfte.

Feucht traf die Beschreibung von Longs neuem Verlies kaum. Da die Lenzpumpen des Schiffes hoffnungslos überlastet waren, saß er Handtief im Wasser. Der schmale Lichtkegel, der durch eine Ritze von hoben herab fiel, und den Laderaum erhellte, ließ die Ratte wie ein exotisches Monster wirken. Sie richtete sich auf ihre Hinterpfoten und sah den Piraten an, als überlege sie ebenfalls, ihn auf ihren Speiseplan zu setzen.

„Verdammtes Mistvieh! Gibt es auf diesem verfluchten Schiff nicht schon genug Kreaturen der Hölle!“, fluchte der Dunkelheutige.

Niemals in seinem Leben hatte sich der Steuermann so frei von Hoffnung gefühlt. Er wusste, dass Sliver ihn niemals lebendig von diesem Schiff gehen lassen würde. Zu tief war die Feindschaft zwischen den beiden Männern. Zu verdorben war der Charakter des neu ernannten Kapitäns.

Tief in seinem Herz spürte er für die meisten der Meuterer keinen Hass. Piraten waren nun mal auf Reichtum und ein besseres Leben aus. Sliver hatte ihnen beides versprochen. Vielleicht wäre er ihm als junger Seemann auch gefolgt. Aber der erfahrene Seefahrer wusste von dem Irrweg, auf dem sich das Schiff unter Slivers Führung befand.

Mehrmals am Tag brachte man ihn schwer bewacht an Deck, damit er mit den Schiffsinstrumenten die Position des Schiffes bestimmte. Die Sonne ließ sich nur selten Blicken, und so konnte Long meist nicht mehr machen, als die tatsächliche Lage des Schiffes zu Schätzen. Dass seine Angaben alles andere als genau waren, verschwieg der Steuermann. Er schuldete Kapitän Sliver und seinen Meuterern keine Loyalität. Außerdem würde man ihn vielleicht für entbehrlich halten, wenn er die Wahrheit sagte.

***

Als der Sturm sich legte, trieb die Goldgreed wie eine gerupfte Ente auf dem Wasser. Ein Mast war gebrochen und mehrere Segel waren nur noch wertlose Fetzen an Tuch. Eine geübte Besatzung unter guter Führung hätte dies vielleicht verhindert, aber so trieb das von Piraten geenterte Schiff ohne wirkliches Ziel über den Ozean.

Die Piraten waren froh, alles so glimpflich überstanden zu haben, und so genossen Slivers Mannen erst einmal ihre neue Freiheit unter seinem Kommando. Ihr neu gewählter Kapitän hatte ein Fass mit Rum und ein paar Frauen an Deck bringen lassen. Das Dutzend Frauen stand nun den verwilderten Männern zu Verfügung. Sie huldigten Kapitän Sliver und verneigten sich vor ihm, als sei er der König der Piraten. Genauso verhielt er sich auch.

Die Männer hatten den Frauen die Kleider vom Leib gerissen und ereiferten sich an der zuschaugestellten Nacktheit, während sie ihre Kehlen mit dem berauschenden Gesöff füllten. Manch ein Pirat viel angetrunken über eine der blonden, rothaarigen oder brünetten Engländerinnen her, aber keiner war mit der Brutalität von Käpt´n Sliver zu vergleichen. In den Tagen nach dem Mord an Olivia, waren der armen Seele noch drei weitere junge Frauen auf den Grund des Ozeans gefolgt. So schien es manche der Frauen an Deck sogar zu genießen, der beklemmenden Enge in den Sklavenquartieren entkommen zu sein, und ihre Sinne an der frischen Luft mit etwas berauschendem zu benebeln.

Sliver saß auf einer Art Thron, welcher aus ausgelegten Kleidern und Kisten gefertigt wurde. Zu seinen Füßen saß die erschöpfte Katharina nur noch in ihrem Unterkleid. Mit seinem Dolch hatte Murdoc es eingeschnitten, so dass ihre Brüste ungeschützt hervorspitzten. Da Ihre Handgelenke auf dem Rücken zusammengebunden waren, konnte das Mädchen nun ihre weiblichen Reize nicht einmal vor den wilden Männern verbergen.

Um Katharinas Hals war eine Lederschlinge gebunden, welche sich bei jedem Zug an dem dazugehörigen Seil enger um ihren Hals legte. Sliver hielt sie wie eine Hündin an der Leine, doch diese Demütigung reichte dem blutdürstigen Mann noch nicht.

„Ihr seht durstig aus, Lady Kate, wollt Ihr etwas trinken?“, fragte er die Gefangene und zog, als sie nicht sofort reagiert mit einem Ruck an der Leine.

Wortlos blickte ihn die junge Frau an. Ihr blondes, langes Haar, fiel ihr leicht gewellt über die entblößten Schultern und streichelte sanft ihre festen Brüste. Ihre blauen Augen funkelten noch immer, denn sie war noch nicht zerbrochen. Sehnsüchtig blickte sie auf den Krug, in dem sich ein Gemisch aus Wasser und Wein befand. Ihr Durst war unbeschreiblich. Fast einen Tag lang hatte sie auf Slivers Befehl hin nichts mehr zu trinken bekommen und das karibische Klima verstärkte ihren Durst.

„Ja?“ Er neigte den Krug leicht und führte ihn näher an ihre Lippen. Dann sprach er die Worte, die er schon mehrmals zu ihr gesagt hatte: „Dann leckt mir die Füße.“

Katharina wandte ihren Kopf ab und mehrere Piraten und auch ein paar von den Frauen, die man an Deck gebracht hatte, lachten. Es gefiel ihnen, dass die Braut des Eignersohns, der sie so schlecht behandelt hatte, nun selbst leiden musste.

„Wenn Ihr Euch dafür zu fein seid, könnt Ihr natürlich auch gerne meine Spucke vom Boden auflecken.“ Er gab ihr einen tritt mit seinem von Warzen und Geschwüren übersäten Fuß, so dass sie zu Boden ging. Dann räusperte er sich und spuckte eine große Menge seines Auswurfs direkt neben sie auf die Blanken. Die Menschenmasse an Deck lachte. Selbst die Frauen, denen die Piraten schon Gewalt angetan hatten, schienen sich nun an Katharinas Leid zuergötzen.

Der Durst brannte in ihrer Kehle, doch sie blieb standhaft. Mit einer Halbkreisbewegung ihres Kopfs warf sie das Haar über die Schulter, so dass ihr Gesicht wieder Frei war. Ihr Stolz war größer als der Durst. Vorerst zumindest.

„Sprich!“, fauchte der Pirat und riss sie erneut an ihrer Leine.

Sie schwieg. Schweigen war ihre einzige Waffe, mit der sie sich ihren Peinigern widersetzen konnte. Als adlige Frau erwartete man von ihr immer devote Schweigsamkeit. Nun sollte ihr flehen und betteln ihre Unterwerfung signalisieren. Gleich, wie viel Verachtung sie für ihren Verlobten empfand, für dem sie offenbar kaum mehr Wert hatte, als das Pergament, auf dem ihr Adelstitel verbrieft war, noch mehr verachtete sie diese Männer, allen voran Kapitän Sliver. Er entsprach dem Bild eines mordlüsternen Piraten, wie ihn die Hölle nur in den gottlosesten Stunden ausspucken konnte.

Die blonde Schönheit spürte, dass seine Besessenheit mit jedem Tag weiter zunahm. Er war nicht nur besessen von der Macht, die er innehatte, er war auch besessen von ihr. Vielleicht würde er sie schon bald Schänden oder Todschlagen, sie hatte sich damit abgefunden, aber sie würde ihm nicht die Genugtuung geben mit ihm zu reden, oder gar ihn anzubetteln.

***

Jane war zu einem Geist geworden. Auf den Straßen von London hatte sie diese Fertigkeit bereits als Kind gelernt. Nun perfektionierte sie ihre Fertigkeiten in der kleinen Welt des Piratenschiffs, wo jeder Fehler den sicheren Tod bedeutete.

Die junge Frau hatte mit angesehen, was Kapitän Sliver der armen Olivia angetan hatte. Sie hatte das Mädchen gekannt. Ihre jugendliche Schönheit war ihr schon früh auf dem Schiff zum Verhängnis geworden. Murdoc hatte sie vom ersten Tag an missbraucht. Vielleicht hatte sie sogar Glück, dass der Tod sie nun vor weiteren Exzessen bewahrte. Jane war nicht gläubig, doch hoffte sie inständig, dass Olivia im Himmel ihre beiden Kinder wieder sehen würde, von denen sie Jane, während ihrer kurzen Bekanntschaft erzählt hatte.

Mehrmals hatte sie versucht, zu Kate vorzustoßen, um ihr wenigstens etwas zu Essen und zu Tricken zu geben. Aber Katharina wurde zu gut bewacht. In der Nacht war sie an Deck an einen Mast gefesselt und tagsüber musste sie an der Seite des Piratenkapitäns wie ein Hündchen an der Leine vegetieren. Wenn er so weiter machte, würde er die junge Frau, der Jane ihr Leben verdankte, brechen oder töten. Das durfte Jane nicht zulassen. So entschied sie sich zu einem gewagten Plan.

Es war Tag und die Piraten waren fast alle an Deck und trieben es ausschweifend mit den verurteilten Frauen, die sie an Deck gebracht hatte. Die meisten Frauen ließen freiwillig alles über sich ergehen, denn so entkamen sie wenigstens für ein paar Stunden dem Elend, dem Hunger und dem Durst unter Deck. Jane wäre vermutlich eine von ihnen, hätte die Schicksalgöttin ihr Leben nicht vor Kurzem in eine andere Bahn gelenkt, und ihr Leben eng an das der deutschen adligen Jungfrau gebunden.

Jane bedauerte es nicht, denn Katharina hatte ihr etwas gezeigt, was in ihrem Leben bis dahin keine Rolle gespielt hatte. Selbstlosigkeit und Hilfsbreitschaft. Nun war es an ihr, dieses Geschenk zurückzugeben. Sie schlich unter Deck zu der Leiter, die in den untersten Laderaum führte. Die schwülheiße Luft raubte ihr fast den Atem. Gewand kletterte sie die Sprossen hinab, nur um plötzlich knietief im Wasser zu stehen.

Sie erschrak kurz, überlegte dann jedoch, dass dies wohl normal sei, da sich keiner der Männer an Deck sonderlich besorgt zeigte. In der Hand hielt sie einen Dolch, während sie durch das Wasser stapfte.

„Soll ich Euch mal wieder den rechten Weg zeigen?“, fragte Long in die Dunkelheit, da er Jane für einen der Piraten hielt. Erst als sie ihm den Dolch an die Kehle hielt, bemerkte er im schwachen Zwielicht, dass sie keiner seiner ehemaligen Kameraden war.

„Keinen Mucks, sonst steche ich dich ab!“, zischte ihn Jane an.

„Vorsicht Weib! Solche Drohungen sollte man nur aussprechen, wenn man auch gewillt ist, sie umzusetzen.“ Long konnte kaum mehr als Janes Stimme nutzen, um sich einen Eindruck von der Frau zu machen, die ihm den kalten Stahl an seinen Hals hielt. Er kannte wenige Frauen, die in der Lage waren, einen wehrlosen Menschen zu töten, ohne dass sie einen guten Grund dafür hatten. Im Moment wollte er ihr kennen geben, sondern lieber herausfinden, was sie von ihm wollte.

„Lass dies nur meine Sorge sein. Ich würde am liebsten jeden von euch Piraten die Kehle durchschneiden.“

„Bis du deshalb hier? Suchst du ein leichtes Ziel, um erst einmal zu üben?“ Der Schwarzafrikaner schmunzelte, so dass man in der Dunkelheit seine weißen Zähne sehen konnte.

„Nein!“, fauchte Jane, die sich von dem erfahren Piraten gerade vorgeführt fühlte, auch wenn sie es war, die die Waffe in Händen hielt.

„Was willst du dann? Man hat dich wohl kaum zu mir geschickt, um mir eine Freude zu machen.“

„Vielleicht doch“, meinte Jane. „Du kennst dich doch auf See aus, oder?“

„Ay!“, raunte Long.

„Könnten wir mit dem Beiboot an Land rudern?“

„Du willst nicht länger an Kapitän Slivers Tafel weilen, und willst deshalb einen Weg von Bord suchen? Ist das der Grund, warum du hier bist?“ Sie war offenbar eine der zahlreichen weiblichen Sklavinnen. Ihr Wunsch war verständlich, doch sehr naiv.

„Nicht ganz. Ich will mit einer Freundin von diesem Piratenschiff fliehen, und suche einen Weg für uns zu entkommen“, erklärte Jane.

„Und was habe ich davon?“

„Wenn du uns hilfst, nehmen wir dich mit.“

„Als euren Sklaven? Oder um mich, sollten wir von einem anderen Schiff gefunden werden, als Piraten hängen zu lassen?“, fragte Long skeptisch. Er hatte nicht viel zu verlieren, wusste aber, dass seine Chance abseits eines Piratenschiffes nicht viel besser waren. Schwarzafrikaner galten für die Weißen gemeinhin als Tiere, für die die Sklaverei das Beste war, was ihnen passieren konnte. Freigelassene Sklaven ohne Papiere und Freund, landeten schnell wieder als Sklaven auf irgendeiner Plantage.

„Nein, als freien Mann. Wir wollen nur weg von diesem verfluchten Schiff. Ich und meine Freundin. Wenn wir in Sicherheit sind, kannst du gehen, wohin immer du willst.“

„Was habt ihr denn genau vor?“, wollte der Steuermann wissen.

„An Deck gibt es doch ein kleines Ruderboot. Ich will meine Freundin befreien und dann gemeinsam das Boot zu Wasser lassen. Danach können wir doch auf eine Insel oder an die Küste rudern.“ Jane wusste, dass ihr Plan riskant war, aber sie wusste auch, dass die Piraten früher oder später über Katharina herfallen würden, wenn sie denn so lange überleben würde.

„Alleine werdet ihr das Boot nicht ins Wasser bekommen. Selbst zu dritt wird es schwer werden. Und im Moment kann ich euch nicht sagen, wo sich die Küste befindet, nur dass sie irgendwo im Westen liegt. Von den Männern, die euch bestimmt daran hindern wollen, ganz zu schweigen.“

„Dann ist mein Plan also aussichtslos, und ich kann dich hier unten bei den Ratten verrotten lassen?“, meinte die Engländerin verächtlich.

„Nein, nein.“ Long wollte gewiss nicht hier unten bleiben, so durchdachte der erfahrene Pirat seine Möglichkeiten. Auf hoher See auf ein Ruderboot zu springen war ein Himmelfahrtskommando. Die junge Frau und ihren Fluchtplan an Slivers Männer zu verraten, hätte ihm ebenfalls keinen Vorteil gebracht. Selbst wenn man ihn wieder in die Mannschaft aufnahm, hatte die Goldgreed keine Zukunft. Sliver konnte vielleicht einen Haufen von Räuber und Banditen führen, aber kein Schiff, welches mit einer zu kleinen Besatzung und durch den Sturm beschädigt war. Anstatt das Schiff wieder instand zu setzen, feierten die Männer Deck Orgien, und trieben es mit den weißen Sklavinnen. Die Frau bot ihm eine Chance und so wie es aussah, war sie die Beste, die sich ihm bieten würde.

„Bringt mir erst einmal etwas frisches zu Trinken und zu Essen. Dann reden wir. Wenn die Ahnen es wollen, werde ich vielleicht unsere tatsächliche Position bestimmen können. Vielleicht haben wir so wirklich eine Chance.“

„Gut, aber keine Tricks. Wenn du mich aufs Kreuz legen willst, wird es dir schlecht ergehen.“ Noch einmal drückte sie die Schneide des Dolches an seine Kehle, schien ihn damit jedoch nicht zu beeindrucken.

„Erst etwas zu Essen und zu Trinken, dann reden wir über das aufs Kreuz legen“, meinte der dunkelhäutige Steuermann mit einem fast schelmischen Lächeln.

„Verfluchter Pirat!“, fauchte Jane.

„Ja, aber der Einzige hier auf dem Schiff, der euch beide retten kann.“

Jane ließ den Steuermann in seinem nassen Verlies zurück. Seltsamerweise fand sie diesen Piraten wesentlich vernünftiger, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Sie hoffte, dass er Wort hielt und sie nicht an die anderen verraten würde. Wenn sie sich irrte, würde ihr bestimmt ein grausames Schicksal blühen.

Die junge Frau musste immer noch an Olivia und Annes Schicksal denken. Ein eisiger Schauer überkam sie. Jane kannte das Gefühl, von Männern missbraucht zu werden. Viele haben sich in ihrem noch jungen Leben an ihr vergangen. Meist hatte sie es einfach teilnahmslos über sich ergehen lassen. So war es am leichtesten und führte nur selten zu ernsten Verletzungen. Aber der Gedanke an Sliver und seine Kumpanen, ließ auch sie fröstel. Dieser Mann und seine Gefolgsleute schienen direkt aus der Hölle entflohen zu sein. Wenn die Gefahr bestand, dass die Piraten sie in ihren Hände bekamen, wäre es vielleicht besser, sich selbst den Dolch in die Brust zu rammen. Tief drinnen wusste sie jedoch, dass sie zu so etwas nicht fähig war. Zu sehr hang die junge Engländerin an ihrem Leben.

***

Die Unbekannte hatte ihm tatsächlich etwas Schiffszwieback und Wein vorbei gebracht, so dass sich sein Hunger in Grenzen hielt. Als Long am Abend an Deck geführt wurde, fiel sein Blick auf Kate. In ihren Augen funkelte der Hass eines Raubtiers, während ihr Körper den lüsternen Blicken der Mannschaft ausgeliefert war. Er hatte mit der ihm unbekannten Frau nicht über die Freundin gesprochen, die es zu retten galt, doch war er sich bei ihrem Anblick sicher, dass sie diese Frau war. Man hatte sie wieder an den vordersten Mast gebunden, wobei man ihre Arme so hinter ihrem Rücken verschnürt hatte, dass sie ihren offenliegenden Busen ungewollt lustvoll präsentierte.

„Sieh sie besser nicht so an“, mahnte einer der Piraten. „Das Stück Fleisch ist nur für den Käpt´n reserviert.“

Katharina warf ihm einen Blick zu, der ihre Verachtung für die Männer an Deck offenbarte. Wenn sie etwas von dem Fluchtplan wusste, schien sie ihr Wissen gut zu verbergen, denn sie taxierte auch Long mit der selben Zornesglut, die ihre tiefblauen Augen in der Abendsonne in lodernde Höllenfeuer verwandelte.

Murdoc, der neue Spießgeselle blickte ihn skeptisch an. Ob er etwas ahnte? Der Überläufer war gerissen und Long traute ihm jede Bosheit zu, die er auch Sliver zu traute. Vermutlich war es nur eine Frage der Zeit, bis er auch gegen den neuen Kapitän vorging. Verrätern und Überläufern war nicht zu trauen. Dies war eine der Lebensweisheiten von Kapitän Rogue.

Während Long den Sextanten einstellte, dachte er kurz an das Schicksal seines alten Käpt`ns. Der Steuermann war sich sicher, dass Richard Rogue den Sturm sicher überstanden hatte. Was würde er tun, wenn er von Slivers Verrat hörte. Würde er überhaupt davon erfahren? Ein Schauer von Wehmut überkam den Steuermann, doch er kämpfte gegen das Gefühl an. Es war nicht gut in der Vergangenheit zu leben. Er musste an die nächsten Tage denken. Seine Konzentration musste dem hier und jetzt gehören.

Plötzlich entdeckten seine Augen am Horizont Möwen. Land konnte also nicht allzu weit sein. Vermutlich waren sie in der Nähe der Bahamas. Im Logbuch trug er jedoch wesentlich weiter westlich gelegene Koordinaten ein. Wenn er wirklich die Flucht wagen sollte, würde dies vielleicht Helfen ihre Spuren zu verwischen. Außerdem war seine Vermutung, dass sich die Goldgreed nahe der Inselgruppe der Bahamas befand, mehr ein Bauchgefühl, als etwas anderes. Der Sturm hatte das Schiff Tage lang wie ein Spielzeug über den Ozean getrieben.

***

Ein Problem hatte sich ganz von alleine gelöst. Um an Deck mehr Platz für ihre Ausschweifungen zu haben, hatten die Piraten aufgrund der ruhigen See das Beiboot selbst zu Wasser gelassen. Als der Abend hereinbrach, verzichteten die arbeitsscheuen Seeleute darauf, das Boot wieder an Deck zu hieven.

Die Nacht war sternenklar und nur eine leichte Brise streifte über die See. Mehrere betrunkene Piraten lagen mit ihren Gespielinnen an Deck. Die Mienen der schlafenden Männer wirkten entspannt und zufrieden. Ihre kleine Welt war in diesem Moment perfekt. Die zahlreichen Frauen, die noch unter Deck in ihren engen Verschlägen hausten, versprachen ihnen eine fette Beute, und vielleicht würde man sich die eine oder andere gar an der Seite eines der Piraten wiederfinden. So machten sie ihren Gespielinnen munter Versprechungen, wenn sie sich ihren Wünschen fügten. Keiner von ihnen dachte über das Morgen nach, wenn ihre kargen Rumvorräte aufgebraucht waren und auch die Rationen langsam knapp würden.

Jane hatte Long aus seinem Verlies befreit und gemeinsam schlichen sie durch die Dunkelheit. Sie hielt eine Pistole fest in der Hand, während sie in einem großen Beutel Proviant und Wasser mit sich schleppte. Ihren Dolch hatte sie in einer Geste des guten Willens an Long abgegeben. Sie musste dem dunkelhäutigen Piraten mit der Glatze vertrauen.

Der Pirat schien sich an Bord der Goldgreed bestens auszukennen, denn zu Janes Verblüffung führte er sie durch das stockfinstere Schiff, ohne sich auch nur einmal zu verirren, während Jane sich auch nach über einem Monat auf dem Handelsschiff immer noch gelegentlich einen falschen Weg nahm. Zumindest hoffte sie, dass er den richtigen Weg nahm.

„Kannst du schwimmen, Jane?“, fragte er sie. Seine gedämpfte Stimme klang angenehm weich und Jane hatte mühe in ihm den mordlüsternen Piraten zu sehen, der ihr Schiff geentert und zusammen mit anderen, Anne vergewaltigt hatte. Sein überlegenes auftreten und sein hünenhafter Wuchs, gefielen ihr.

„Ja“, raunte sie.

„Gut.“ Er öffnete vorsichtig eine der Luken. Die Erbauer des Schiffes hatte sie wohl als Geschützpforte vorgesehen, doch der Eigner des Handelsschiffs hatte nur wenige Geschütze an Bord der Goldgreed bringen lassen. Zu wertvoll war der Laderaum im Vergleich zu dem zweifelhaften Nutzen einer ungeübten Mannschaft. „Kletter da raus und schwimm zum Boot. Ich werde Lady Kate befreien und komme dann zu dir.“

Jane nahm eine der Pistolen und richtete sie halbherzig in Longs Richtung. „Wenn du ohne sie kommst, brauchst du gleich gar nicht kommen.“

„Und ich dachte du kannst ohne mich nicht mehr leben“, schmunzelte der Kahlköpfige. „Jetzt los.“

***

Katharina erwachte, als sich eine große, kräftige Hand um ihren Mund legte und ihren überraschten Aufschrei zu unterbinden. Augenblicklich war sie hellwach. Die schmerzhafte Stellung, in der Slivers Männer sie wieder an den Mast gefesselt hatte, ließ ihr keine Möglichkeit, sich dem Unbekannten zu entziehen. War er gekommen, um sie zu vergewaltigen?

„Schssss“, raunte ihr der Mann zu und sie erkannte im Sternenlicht Longs glatt rasieren Kopf, als er vor sie trat. „Ganz ruhig. Jane Sinner schickt mich. Ich bin hier um Sie zu befreien. Ich werde jetzt die Hand von Ihrem Mund nehmen. Ganz ruhig, Lady Kate.“

Sie sah das Aufblitzen einer Klinge und kämpfte immer noch gegen die Panik an, die sie zu überwältigen drohte. Einen Augenblick später spürte sie einen Ruck an ihren fast tauben Handgelenken, dann lösten sich die Fesseln und Katharina sank kraftlos in die Arme des Mannes.

„Was suchst du bei der Frau?“, rief plötzlich eine raue Stimme aus der Dunkelheit.

Long wusste, dass sie entdeckt worden waren und bald das ganze Deck voller Piraten über sie herfallen würde. Kurz entschlossen packte er Katharina unter den Arm und Kniebeugen und lief mit ihr an Steuerbord. Er warf sie über die Rehling und sprang augenblicklich hinterher, während die Piraten sich gerade erst aufrappelten.

Katharina tauchte tief ins Wasser ein. Ihr Unterkleid sog sich augenblicklich voller Wasser. Verzweifelt strampelte sie und versuchte in pechschwarzer Nacht unter Wasser die Orientierung zu finden. Gedämpft hörte sie Schreie und schließlich stieß sie mit den Armen erleichtert an die Oberfläche.

Long war neben ihr und zog sie mit sich. Das Kleid behinderte sie jedoch bei ihrer Flucht in die Finsternis. Zu allem Überfluss hatten die Piraten inzwischen Fackeln an Deck gebracht und leuchteten in die Richtung, in die Long mit ihr als Ballast schwamm.

„Da sind sie!“

„Holt die Musketen!“

Der Steuermann hoffte, dass Jane genug Verstand hatte, das Beiboot loszubinden und zu ihnen zu rudern. Das Licht der Fackeln erleuchtete ihren Standpunkt schließlich mehr als ausreichend. Da Kates Kleid sie bei ihrer Flucht hinderte, löste er das Problem recht radikal. Er drehte sich kurz zu ihr um und riss es ihr mit seinen kräftigen Händen vom Körper.

„Was tut Ihr?“, rief Katharina erschrocken.

„Uns beiden das Leben retten. So können wir schneller davon schwimmen. Haltet Euch an meinen Rücken fest. Jane wird uns bald mit dem Boot auffischen.“ Letzteres war zumindest Longs große Hoffnung. Er würde ungerne eine solch gewagte Flucht hinlegen, um dann einfach in den Weiten des Altantik zu ertrinken.

Katharina, die sich selbst kaum über Wasser halten, geschweige den richtig schwimmen konnte, klammerte sich verzweifelt an dem kräftigen Körper des Piraten fest. Sie spürte seinen nackte Haut, die sich an ihren Brüsten rieb, während er mit kräftigen Tempos durchs Wasser glitt.

„Knallt sie hab!“, rief einer und in dem Moment feuerten zwei Musketen vom Deck der Goldgreed.

Die erste Kugel schlug weit entfernt in der Dunkelheit ein, doch die Zweite zischte an Kates Ohr vorbei und schlug unmittelbar vor ihnen im Wasser auf. Da erschien jedoch auch schon Jane wie aus dem Nichts und reichte Katharina ihre rettende Hand.

Vollkommen Nackt fiel sie in das ungefähr 5 Meter lange Ruderboot, während Long selbstständig an Bord kletterte. Erneut viel ein Musketenschuss und dann schrie eine kräftige Stimme: „Gebt auf und wir lassen euch am Leben. Long, du weißt, dass ihr keine Chance habt. Wir finden euch und dann wird nicht mal Gott euch helfen können.“

Katharina hob ihren Kopf und blickt zu dem ungefähr dreißig Meter entfernt stehenden Sliver. Flankiert wurde er von zwei Männern mit fackeln, während Murdoc, der Überläufer eine Muskete auf sie richtete. Im Schein der Fackeln hatte sie die Griffe der Pistolen gesehen, die ihr Onkel ihr vermacht hatte. Sie zog die erste aus Janes Vorratsbeutel und richtete sie auf Sliver. Ihr ganzer Hass galt diesem Mann, doch dann entschied sie sich für Murdoc, der ebenfalls auf sie zielte.

„Fahrt zur Hölle!“, rief Kate und drückte den Abzug. Murdoc und sie schossen im selben Augenblick. Kates Pistolenkugel donnerte gegen die Außenhülle der Goldgreed, ohne Schaden anzurichten. Murdocs Kugel schlug unmittelbar vor dem kleinen Boot ins Wasser und ließ einen feinen Sprühregen über das Boot niedergehen. Long setzte sich auf die Ruderbank und ergriff die beiden Ruder.

„Wollt Ihr uns damit etwa versenken, Mädchen? Wir kriegen euch, und dann werde ich Euch zeugen, was man mit einem langen Rohr noch alles anstellen kann“, lachte Sliver überheblich. Kate ergriff die zweite Pistole und schoss erneut. Blut spritze im Licht der Fackeln auf und Sliver hielt sich an den Kopf, bevor er getroffen zu Boden ging.

Die nackte Amazone lächelte zufrieden, während das Boot getrieben von den kräftigen Ruderschlägen ihres Retters in der Dunkelheit verschwand.

Montag, 18. Juli 2011

Piratenprinzessin: Kapitel 3

Bisher erschienen:
Kapitel 1
Kapitel 2

Piratenprinzessin: Kapitel 3

Der Sturm peitschte die Wellen zu einem Gebirge aus Wasser auf. Die Gischt vermischte sich mit dem Regen und fegte über das Deck des gekaperten Sklavenschiffes. Mühsam kämpfte sich das Handelsschiff durch die schwere See. Die Segel waren nur halb gesetzt, um die Masten nicht im Sturm zu knicken. Trotzdem knarrte das Holz beängstigend, wann immer eine neue Böe das Schiff traf.

Ein Brecher rammte die Goldgreed frontal und umspülte die an den vorderen Masten gefesselte Frau. Ihr durchnässtes Haar fiel ihr über die entblößten Schultern. Ihr Kleid war zerrissen und klebt an ihrem schlanken Körper. Katharina zitterte am ganzen Leib. Sie rang nach Atem, während der Regen und die Gischt gegen ihr Gesicht peitschten.

Zwei Tage schon dauerte das Martyrium an diesem Pfahl. Noch niemals zuvor hatte sie so einen Sturm erlebt. Zu Hause gab es auch Stürme, doch dauerten sie meist nur Stunden. Dieser schien gar kein Ende zu kennen. Der sintflutartige Regen schien alle Wasser des Himmels zu vereinen, die sich über ihr Haupt ergossen.

Immerhin musste das Mädchen so keinen Durst erleiden, doch nun quälte sie der Hunger. Zwei Tage schon hatte sie nichts mehr gegessen. Keiner der Piraten an Bord des Schiffes hatte es für nötig gehalten, ihr etwas inmitten dieses Wirbelsturms zu bringen. Vielleicht sollte sie Gott dafür dankbar sein, kam so auch keiner der Männer auf den Gedanken ihre hilflose Situation zu missbrauchen.

Der Gedanke an Annes Schändung ließ sie fast ebenso frösteln, wie der eisige Wind, der in jede Pore ihres zarten Körpers zu dringen schien. Katharina wusste nicht, was aus Jane geworden war und inzwischen kümmerte sie es auch nicht mehr. Ihre ganze Gedanken richteten sich nur noch auf sich selbst. Nicht auf das hier und jetzt, nein, die junge Frau entglitt dieser kalten, stürmischen Welt und dachte zurück an das, was war. Gedanken an die Glücken Momente ihrer Kindheit. An Jagdausflüge, an Fechtstunden mit ihrem Onkel, der ihr die verbotenen Künste der Männer zeigte, an reiten und an leckeres Essen an der reichlich gedeckten Tafel im Schloss.

***

Unter Deck ging es nicht weniger stürmisch zu, auch wenn es eher ein geladenes Gewitter war, welches sich zwischen Long und Sliver entlud. Der Kapitän hatte Long das Kommando über die Goldgreed übertragen, als der Hurrikan aufzog und sich die beiden Schiffe trennen mussten. Die Mannschaft wurde hastig zwischen den Schiffen aufgeteilt. So kam es, dass Sliver nun quasi Longs rechte Hand wurde. In der Kapitänskabine fand nun eine hitze Besprechung über die Zukunft des Schiffes und seiner Ladung statt.

„Kapitän Rogue wollte, dass wir nach Süden laufen. Nach Tortuga und uns dort wieder vereinigen.“

„Was für ein Schwachsinn!“, brummte Sliver. „Wir reißen uns hier den Arsch auf und die anderen bekommen das Geld für die Beute!“

„Wir sind eine Mannschaft mit jetzt zwei Schiffen. Wir haben dieses Schiff gemeinsam erobert und wir werden die Beute gemeinsam zu Gold machen. In Tortuga!“ Die kräftige Stimme des kahlköpfigen Schwarzen übertönte selbst das laute Ächzen des hölzernen Rumpfs, als er gegen einen der gewaltigen Brecher stieß.

„Ihr sprecht nicht mehr für die Mannschaft, Mister Long.“ Die höfliche Anrede war mehr ein Hohn. „Ihr sprecht für Kapitän Rogue, der uns den Schlamassel mit diesem Sklavenschiff überhaupt erst eingebrockt hatte.“

Plötzlich sprang die Tür auf. Durch den lauten Disput der beiden an Bord einflussreichen Männer kamen nun auch andere Piraten dazu. Ihr geübter, breiter Gang glich das Schlingern des Schiffes gekonnt aus. So stand bald ein Dutzend Männer da, die mit grimmiger Miene den beiden lauschten. Nur der Ausguck und drei Männer am Steuer fehlten, sonst war die Crew komplett anwesend. Auch Murdoc gehörte dazu.

„Männer! Mister Long will den Befehlen unseres früheren Kapitäns Rogue gehorchen. Er will, dass wir unsere Beute mühsam durch diesen Sturm nach Tortuga bringen, um sie dann mit dem gierigen Rogue zu teilen. Was sagt ihr dazu, Männer? Was sagt ihr dazu? Soll er sich an unserem Schweiß bereichern?““

Ein Gemurmel war zu hören und Long erkannte die missliche Lage in der er sich befand. Sliver sprach die Gier der Männer an und er konnte dem nichts Wirkliches entgegen halten, denn die meisten von ihnen waren neu an Bord der Preybird gewesen. Ehre und Zusammenhalt, wie es ihn unter den alten Weggefährten gab, existierte hier nicht. Hier ging es nur um den persönlichen Reichtum. Trotzdem versuchte es der dunkelhäutige Steuermann.

„Der Kapitän hat euch auserwählt, weil er euch vertraut. Ihr seid aber nach wie vor Teil der Besatzung der Preybird. In Tortuga werden wir uns wieder vereinen und gemeinsam die Beute Teilen. Denk daran, der feine Pinkel ist an Bord der Preybird, der wird sicher genau so viel Wert sein, wie die ganze Ladung von Sklaven.“

„Nicht wenn wir sie in Havanna verkaufen.“ Es war Murdocs Stimme, die sich zwischen den anderen hervortrat. „Ich bin neu unter euch, doch wenn ich euch vorschlagen darf, fahrt doch nach Havanna. Die Spanier werden euch reich für diese weißen Sklaven entlohnen.“

„Ay“, murrten die Männer, während das Schiff durch einen erneuten Brecher erschüttert wurde.

„Du hast hier nichts zu sagen“, wollte ihn Long zum Schweigen bringen.

„Ihr aber nicht, Mister Long!“, tönte Sliver. „Dieses Schiff und seine Ladung gehört nicht Kapitän Rogue, es gehört nicht Euch, es gehört uns, richtig Männer?“

„Ay“

„Willst du hier eine Meuterei vom Zaun brechen?“, fragte Long verärgert. Seine Hand griff nach dem Griff seines Säbels. Doch Sliver war schneller. Plötzlich hielt er eine gespannte Pistole hin Händen und richtete sie auf den Schwarzen.

„Lass es!“, fauchte er und Long nahm seine Hand vom Griff. Die Männer sahen gespannt dieser Szene zu. Viele kannte Sliver, der sich immer als er der ihren ausgegeben hatte. Sie glaubte auch jetzt an ihn und waren froh, dass er die Oberhand zu haben schien. Er drehte seinen Kopf leicht zu den anderen. „Männer. Wollt ihr mich als Kapitän dieses Schiffes haben? Soll ich euch nach Havanna zu Reichtum führen?“

„Arrr, arrr“, stimmten die Männer mit lautem kehligem Knurren zu.

„Es lebe Kapitän Sliver!“, rief einer der Männer und die anderen stimmten ein. Niemand bemerkte, dass es der Überläufer Murdoc war. Die Lust der Männer nach leicht verdientem Reichtum machte sie schnell ihrem neuen Herren gegenüber loyal.

„Ihr seht, Mister Long. Die Zeit Euer Herrschaft ist vorbei!“, erklärte Sliver mit einer ausladenden Geste, wobei seine Pistole einen Halbkreis vollführte. „Pakt ihn Männer und nehmt ihn der Waffen ab. Schafft ihn unter Deck zu den Sklaven, wo der Neger hingehört.“

Die Männer ergriffen den dunkelhäutigen Mann und zerrten ihn unsanft davon. Long, der kräftige Schwarzafrikaner wehrte sich nach Kräften. Sie schlugen und spuckten auf ihren geschassten Anführer. Keine Spur von Respekt schien für ihn übrig zu sein. Sie fühlten sich im Recht und damit war Long für sie ein Verräter. Long fluchte und wand sich, doch es half nichts. Während draußen der Sturm tobte, schafften ihn die Männer jubelnd zu den anderen Sklaven in den Rumpf des Schiffes. Nur Murdoc blieb mit Sliver in der Kabine.

„Ich gratuliere Ihnen zu der Beförderung, Kapitän Sliver.“ Murdoc verbeugte sich untertänig vor dem Meuterer, der selbstzufrieden über sein Kinn streifte und sich Longs Säbel umschnallte.

„Geht hinunter zu den Sklaven. Bringt mir etwas Junges und Hübsches für die Nacht. Schließlich will ich meine Ware ja testen, bevor wir sie in Havanna verkaufen.“

„Ay, Käpt´n.“ Murdoc machte sich schon daran zu gehen. „Ähm, Kapitän.“

„Ja, was gibt’s?“, fragte Sliver. Murdocs kriecherische Art ihm gegenüber gefiel dem neuen Kommandanten des Piratenschiffs.

„Warum habt Ihr die Negerratte nicht einfach abgeknallt. Er sieht noch immer nach Ärger aus. Und lässt sich bestimmt nicht so leicht verkaufen. Niemand will einen aufmüpfigen, alten Sklaven.“

„Deswegen bin ich Kapitän“, erklärte Sliver. „Ich habe die nötige Weitsicht. Komm her. Schau auf die Karte.“

Auf dem Tisch breitete sich eine Seekarte der Neuen Welt aus. Sie war nicht sonderlich gut, aber zeigte alle wichtigen Landmarken Inseln und Häfen.

„Was?“, fragte Murdoc verständnislos.

„Siehst weißt du, wo wir hier sind?“

„Nein“, gestand er.

„Eben, der Neger riecht zwar nach ärger und bringt uns an Land nicht viel, aber er kann uns dahin führen, wo wir hin wollen. In der Kiste dort ist Navigationsgerät. So bald der Sturm aufhört kann er uns damit sicher und schnell nach Havanna lotsen. Wenn wir ihn nicht brauchen, bleibt er unter Deck, dann macht er schon keinen Ärger.“

„Ay. Und was, wenn er uns in die Irre führt? Ich trau keinem Neger.“

„Er wird tun was wir von ihm verlangen, sonst verfüttern wir ihn an die Haie. Die Neger hängen auch an ihrem Leben.“

„Ay, hoffen wirs mal.“ In seiner Stimme klang ein gewisser Zweifel. „Ich werde dann mal unter Deck gehen und nach einer hübschen Braut für Euch Ausschau halten, oder wollt Ihr unsere Prinzessin bei Euch haben?“

„Nein, die ist noch nicht eingeritten, ich will heute Nacht was Williges. Unser Prinzesschen Kate werde ich mir noch früh genug zureiten.“

„Ay, Käpt´n!“

Murdoc verließ nun auch die Kajüte und Sliver ließ sich in dem lederbezogenen Kapitänssessel nieder und lächelte zufrieden. Bestimmt würde er mit den Sklaven dort ein vermögen verdienen. Genug für seine eigene Plantage, auf der er sich zur Ruhe setzen konnte. Oder er würde weiter zur See fahren. Als gefürchteter Piratenkapitän könnte er es bestimmt zu gewaltigen Reichtümern bringen. Gedanken an Henry Morgen geisterten durch seinen Kopf. Dieser Pirat hatte es geschafft. Aus einfachen Verhältnissen hatte er es durch Piraterie in den Rang eines Vizegouverneurs gebracht. Nun genoss er sein Leben in Port Royal.

Sliver wusste nichts von Jane, die sich in dem massiven Eichenschrank in der Kabine versteckt hielt. Zwischen Kleidern und Gewändern blickte sie durch einen schmalen Spalt auf den Mann, der nun das Sagen hatte. Tausend Gedanken schossen durch ihren Kopf. In ihrer Hand hielt sie eine geladene Pistole.

***

Unter Deck stank es erbärmlich. Leises Wimmern und Schluchzen der hier seit einem Monat angeketteten Sklaven zeugen von dem Leid, das hier unten über die Blanken kroch. Selbst den hart gesottenen Piraten lief hier ein Schauer über den Rücken. Sklaverei war weit verbreitet, doch die Qualen eines Sklavenschiffes bekamen nur wenige frei Männer jemals zu Gesicht.

Sie brachten Long an einen Platz, der noch vor Tagen einem anderen Gefangenen gehört hatte. Er war an irgendeiner Krankheit gestorben und wie dreizehn andere Männer und Frauen während der Überfahrt der Goldgreed auf See bestattet worden. Der Dunkelhäutige spie immer noch wilde Verwünschungen aus, als man seine Gelenke in Eisen legte.

„Reg dich ab Long, sonst landest du bei den Haien!“

„Euch alle erwartet der tiefste Kreis der Hölle! Ihr Verräter!“, spuckte dieser in das Gesicht eines Piraten. „Ihr verratet eure Kameraden auf der Preybird. Wenn ihr Sliver folgt, werdet ihr sie betrügen, wie er euch betrügen wird.“

„Halts Maul!“ Ein Schlag traf ihn im Gesicht und ließ seine Lippe aufplatzen. Er spuckte Blut und seine Augen glänzten im Licht einer Laterne, die hier unten das einzige Licht bot. „Rogue hat uns doch verarscht. Er hat uns die ganze Arbeit aufgehalst und nimmt mit der Preybird den leichten Weg, während wir mühsam die Beute für ihn nach Hause schleppen müssen.“

„Richard Rogue als Kapitän niemals einen seiner Männer verraten. Er hielt sich immer an den Kodex.“

„Wir scheißen auf den Kodex! Wir scheißen auf Rogue!“

Long wollte zu einer Antwort ansetzen, doch in dem Moment wurde die Goldgreed von einem gewaltigen Brecher getroffen und Wasser schwappte von oben herein. Die Männer fluchten und schrien. Er konnte die Panik in den Augen der Piraten erkennen. Dann stürzten sie davon, um zu sehen, woher der Wassereinbruch kam.

***

Die Welle donnerte wie ein göttlicher Hammer gegen Katharinas Leib und presste die Luft aus ihren Lungen. Über ihr hörte sie da brechen von Holz und dann folgte ein peitschender Knall, als eines der gespannten Taue riss und die Spitze des vorderen Mastes nachgab.

„Oh Gott!“, kaum es über ihre zitternden Lippen. War dies ihr Ende? Sie reckte ihren Kopf, um zu sehen, was passiert war. Segel und Mastspitze waren ins Meer gefallen, doch einzige Taue hielten sie noch an das Schiff, welches dadurch gefährliche Schlagseite bekam.

Trotz der Größe der Goldgreed, spielten die Wellen mit ihm, wie mit einer Nussschale. Brecher um Brecher überflutete das Deck. Für Katharina fühlte es sich so an, als wenn jede Welle nun immer mehr von diesem Schiff verschlang.

„Oh Gott, ich will nicht sterben, nicht so, nicht hier!“, weinte sie, ohne dass jemand ihre Worte hörte.

Männer stürzten an Deck. Die Seeleute, die vor Tagen noch säbelschwingend dieses Schiff geentert hatten, mühten sich nun verzweifelt es zu retten. Einer rief nach einer Axt. Als er sie bekam, durchtrennte der Pirat die Taue, die das Schiff beinahe in das Verderben rissen. Erst nach mehreren Anläufen gelang es ihm, alle Seile zu kappen. Kurze Erleichterung breitete sich unter den Männern aus, doch echte Freude wollte nicht aufkommen.

Verzweifelt wand sich Katharina an dem abgebrochenen Mast, wie ein Wurm am Harken. Genau so hilflos und würdelos fühlte sie sich auch. Sie war nicht nur den Piraten sondern auch dem Wetter auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Ihr Leben schien besiegelt und sie konnte nichts dagegen tun. Trotzdem gab sie nicht auf. Sie kämpfte – kämpfte gegen die Kälte, kämpfte gegen die Angst, kämpfte so gut es ging um ihr kleines Leben in mit des gewaltigsten Wirbelsturms, den man sich vorstellen konnte.

***

Während die junge Frau auf Deck ihren einsamen Kampf mit sich selbst focht, kämpften tief im Schiffsrumpf einigen Piraten an den Lenzpumpen um das Wasser aus der Bilge zu bringen. Immer wieder spülten gewaltige Wellen frisches Seewasser in das Schiff, welches bereits zu tief im Wasser stand.

Draußen kämpften die meisten der Männer um das Überleben des Schiffes. Derweil hatte Murdoc eine hübsche, blonde Engländerin für den Kapitän ausgesucht und sie in seine Kajüte gebracht. Murdoc wusste zwar von den Gefahren in der sich das Schiff, und damit auch er selbst befand, er dachte jedoch zu erst daran, sich beim neuen Kapitän gut zu stellen.

Sliver war zufrieden mit Murdocs Auswahl. Er hatte zwar kurzzeitig nach dem Rechten gesehen, doch da Sliver selbst alles andere als ein guter Seemann war, überließ er seinen Männern die Arbeit und ging zurück in die Kabine.

„Gute Arbeit“, erklärte er, während seine Hand durch das fettige Haar des Sklavenmädchens strich. Er schmunzelte bei ihrer ängstlichen Miene. Es gefiel ihm ihr zusätzliche Angst zu machen, bevor er sich an ihr vergehen würde. Sie zitterte. Ihr abgemagerter Körper wirkte so zerbrechlich.

„Sehr schön“, meinte er zu seinem Handlanger. „Sorg dafür, dass alles läuft. Ich woll heute Nacht nicht gestört werden.“

„Wie Ihr befehlt, mein Kapitän“, erwiderte Murdoc und verließ mit einer leichten Verbeugung die Kabine.

Sliver ging auf das junge Ding zu, welche ihm zugeführt wurde. Sie hatte zwar nicht Kates jungfräuliche Schönheit, auch wenn sie ihr in Statur und Augenfarbe ähnlich sah. Seine rauen, groben Finger tasteten nach ihrem Gesicht. Besitzergreifend streichelte er ihre Wange, während sie vor ihm zurückschreckte. Das gefiel ihm. Es reizte den Piraten sie wie eine Beute durch sein kleines Zimmer zu jagen, versprach es doch, dass er mit ihr mehr machen konnte, als mit manch einer jungen Hafennutte, die sich wie ein Brett unter die Männer legte, die sie mit Gewalt nahmen.

Die junge Frau war sicher nicht älter als 20, trotzdem kannte sie wohl die Lust der Männer nur zu gut. Er fuhr mit seiner Hand zu ihrem Busen und zerriss den Stoff, der ihr Dekolleté verhüllte, bis ihre jungen, aber schon leicht hängenden Brüste hervorkuckten, wie es bei Frauen üblich war, die bereits ein Kind gesäugt hatten.

Auch Sliver war dieser Anblick nicht fremd. Im interessierte nicht, ob diese junge Sklavin bereits ein, oder eine Handvoll Kinder geboren hatte. Es interessierte ihn auch nicht, unter welchem Vorwand man das Mädchen in London verhaftet und zur Sklaverei in den Kolonien verurteilt hatte. Er wollte einfach nur ein junges Weib zwischen den Schenkeln, welches nicht schon unter dem ganzen Schiff gelegen hatte.

Mit diesem Wunsch hetzte der Pirat die junge Frau mehrmals um den Kartentisch, bevor seine Lust siegte, und er sie mit einem brutalen Griff in ihr leicht gewelltes, fettiges Haar auf das Bett zwang. Während sich das Schiff unter den gewaltigen Brechern immer wieder aufbäumte, viel der frisch ernannte Piratenkapitän über sein Opfer her. Er riss an dem verbleibenden Stoff ihres Kleides und zwang sich brutal zwischen ihre schlanken Schenkel.

Das Mädchen war in ihrem Leben den Begierden gewalttätiger Männer durchaus vertraut. Sie hatte bereits mit 13 das erste Mal dieses Schicksal erdulden müssen. Trotzdem wehrte sie sich gegen den wilden Piraten so gut sie konnte. Dieser genoss das wilde Spiel wie eine Katze, die mit der Maus spielte, bevor sie diese erlegte.

„Ja, Kate, wehr dich nur. Du kannst zucken, aber du kannst mir nicht entkommen.“

„Ich heiße Olivia und nicht Kate!“, schluchzte die junge Frau in der Hoffnung, so einem grausamen Schicksal zu entgegen.

Der Pirat beantwortete ihre Worte mit zwei kräftigen Ohrfeigen und fauchte: „Du heißt so, wie ich es will! Verstanden?“

Seine verfaulten Zähne wurden sichtbar, während sie versuchte, sich mit ihren Händen vor weiteren schmerzhaften Schlägen gegen ihren Kopf zu schützen. In seinen Augen funkelte Lust und er griff nach ihren Armen, um diese über ihrem Kopf fest zu halten.

Die junge Frau lag nun vollkommenhilflos unter dem Piraten. Speichel seiner Erregung tropfte über seine rauen Lippen und fiel auf ihre von Tränen benässte Wange. Sie spürte sein Geschlecht, welches sich an dem ihren rieb. Noch war es durch die Leinenhose des Mannes von dem ihren getrennt. Nachdem er ihre Arme jedoch sicher mit einer Hand festhalten konnte, griff er mit der anderen zwischen die Beine und befreite seinen Lustprügel, um in die verzweifelt schluchzende Verurteilte einzuführen.

„So, kleine Kate. Ich habe noch nie eine Adlige gerammelt. Du hast die Ehre meine erste zu sein,“ lächelte der Pirat. „Nun bekommst du mein Fleisch zu spüren. Ich werde dir deine ganze Verlogenheit aus dem Leib stoßen.“

Olivia wusste nicht, wer diese Kate war, sie wagte jedoch auch nicht, ihm zu widersprechen. Wenn er sie schon vergewaltigte, so sollte es wenigstens schnell und schmerzlos gehen. Doch Sliver dachte nicht daran. Brutal trieb er seine Lanze in ihr Loch, welches schon so machen Mann empfangen hatte. Der Penis des Piraten kannte mit ihrer Öffnung keine Gnade. Er pfählte die anfangs noch trockene Scheide der jungen Frau. Jeder Stoß ließ sie laut aufschreien. Jeder Schrei steigerte seine Erregung und ließ ihn noch härter zustoßen.

Durch seine Stöße wurde ihr Schoss feucht und es gelang ihr, sich seinem wilden Drängen etwas anzupassen. Ihr Körper reagierte auf ihn, mit einer von ihr ungewollten Erregung. Dieser Erregung erleichterte das Los der jungen Frau jedoch nur kurzzeitig.

Nachdem sie bei seinen Stößen nicht mehr schrie, sondern nur noch leise aufstöhnte, legte er seine Hände um ihre Kehle und begann sie zu würgen.

„Na du geiles Luder? Gefällt dir das, Kate?“

Sein Griff erlaubte ihr anfangs noch ein wenig zu röcheln. Verzweifelt versuchte Olvia seine mit ihren kleinen Händen die seinen von ihrer Kehle zu befreien, oder zumindest den Druck zu verringern. Derweil hämmerte er ihr seinen Riemen weiter in ihre immer feuchter werdende Grotte. Angst spiegelte sich in ihren feuchten Augen, während ihr Kopf langsam rot anlief. Hilflos strampelte sie mit ihren gespreizten Schenkeln.

„Du kleine, geile Kate. Ja, so gefällt es dir, was?“

Ihr röcheln wurde immer schwächer. Seine kräftigen Hände erlaubten ihr kaum noch Luft zu hohlen. Langsam senkte sich ein Schleier über sie. Sie fühlte eine Schwäche, die sich in ihrem bereits von Hunger und Entbehrungen ausgezerrten Körper ausbreitete. Das Strampeln von Olivias Beinen wurde immer schwächer, und während aus ihrer feuchten Spalte der Lustsaft quoll, verdrehten sich ihre Augen.

Sliver rammte sein Opfer immer weiter. Es erregte den brutalen Piraten, die Lebenskräfte aus dem jungen Körper schwinden zu sehen. Immer schneller fuhr sein pralles Glied in ihren Bauch ein und aus. Er dachte dabei an die hübsche Gefangene, die als wertvollste Beute oben auf dem Schiffsdeck war. Kurzzeitig hatte er sogar überlegt, sie anstelle dieses billigen Ersatzes zu hohlen, aber der Sturm hielt ihn zurück.

Seine kräftigen Finger pressten sich in ihre Kehle, während sein Penis unbeschreibliche Wogen der Lust an seinen Körper übertrug. Sie schien förmlich auszulaufen, während er sie beim Ficken strangulierte und würgte. Schließlich konnte der Pirat sich nicht mehr halten und kam. Sein Glied zuckte und er stöhnte laut auf. Sein heißer Samen schoss in ihre feuchte Grotte. Seine Hände würgten sie weiter. Er würgte sie, bis das letzte Zucken seines Gliedes verstummt war, und auch sie sich nicht mehr rührte. Dann erst ließ sich der Piratenkapitän neben Olivias leblosen Körper auf dem Bett nieder. Sein verschwitztes Gesicht offenbarte tiefe Befriedigung.


Weiter zu Kapitel 4

Samstag, 9. Juli 2011

Die Skaterin - Teil 3

Und es geht doch weiter. An alle Leser wünsche ich urlaubsgrüße von der Insel Pag.
lg Krystan

Die Skaterin - Teil 3


Eine Explosion zeriss die Welt um ihn herum. Fels wurde zu Pulver zermahlen und fiel als Staub auf das Dach des gepanzerten Truppentransporters. Durch die Wucht der Druckwelle wurde das Fahrzeug zur Seite gerissen und fiel fast in den Graben auf der rechten Wegseite. Einen zweiten Wagen hatte die Explosion vollends erwischt. Das Fahrzeug war mehrere Meter in die Luft geschleudert worden und krachte nun wieder zubogen.

Der vordere Teil des Fahrzeugs war schwer beschädigt worden. Reifenteile schwirrten wie Geschosse durch die Luft. Der Rahmen des gepanzerten Fahrzeugs war verzogen und der hohe Militärtransporter kippte zur Seite.

„Hinterhalt!“, schrie ein Gefreiter überflüssigerweise. Er beschrieb damit die Situation, die allen Soldaten bewusst war.

Ohne irgendeinen Befehl abzuwarten, legte der Fahrer des unbeschädigten Bundeswehrtransportes den Rückwertsgang ein, während unmittelbar nach der Explosion bereits das Trommelfeuer aus den AK-47 Sturmgewehren die beiden Fahrzeuge belegte.

„Die wollen uns alle umbringen!“, schrie einer der jungen Soldaten panisch.

„Weg hier!“, schrie der Fahrer.

Im selben Moment detonierte bereits die Granate einer RPG-7 Panzerfaust in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges, ohne weiteren Schaden anzurichten.

„Wir können unsere Kameraden nicht im Stich lassen!“, brüllte der Gefreite auf dem Beifahrersitz, der durch die gesprungene Frontscheibe des Militärtransporters den stählernen Sarg erblickte. Wenn die anderen Mitglieder ihrer Patrouille die Sprengfalle überlebt hatten, waren sie den vorrückenden Talibankämpfern hilflos ausgeliefert. „Wir müssen ihnen helfen!“

„Nein, die bringen uns um!“, kreischte der junge Soldat auf der Rückbank.

„Ich geh raus! Gebt mir Deckung!“, rief Alex, der neben dem in Panik erfüllten Jungen saß. Er öffnete die Seitentür und sprang aus dem fahrenden Wagen ins Freie.

Die Angreifer deckten das flüchtende Fahrzeug mit einem Hagel von Geschossen ein, welche jedoch keinen wirklichen Schaden anrichteten. Alex nutzte die Ablenkung und ließ sich in den Graben neben der Straße fallen. Die Afghanen hatten die Taktik der plötzlichen Feuerüberfälle und Sprengfallen in 30 Jahren Krieg perfektioniert. Sie griffen die Deutschen von einem kleinen Abhang aus an, und hatten so eine wesentlich bessere Stellung. Alex hatte jedoch den Vorteil einer präzise eingestellten Waffe und unzähliger Stunden auf dem Übungsplatz auf seiner Seite.

Er legte sein G-33 Gewehr an und gab aus gut dreißig Meter Entfernung eine Salve auf einen der Schützen ab. Eine der Kugeln fand ihr Ziel und traf den Mann in die Schulter und riss ihn so von den Beinen. Der Talibankämpfer fiel zu Boden und rollte den felsigen Abhang hinunter.

Der Soldat lächelte zufrieden, doch mit dieser Salve hatte er den Gotteskriegern seine Position verraten. Sofort wechselten sie das Ziel und belegten den Graben mit gnadenlosem Gewehrfeuer. Staub und regneten auf ihn herab und Alex wusste, dass er dieses Inferno nicht überleben würde.

Er schrie auf. Ein Geschoss traf seine Schutzweste und presste ihm die Luft aus dem Körper. Trotz des lärmenden Trommelfeuers glaubte er das brechen mehrerer Rippen vernommen zu haben, und genauso fühlte es sich an. Er biss die Zähne zusammen und drückte sich fester gegen seine natürliche Deckung. Vielleicht hatte ihm seine Weste einmal das Leben gerettet, ein zweites Mal würde er bestimmt nicht so viel Glück haben.

Durch den Schmerz der Ohnmacht nahe, umklammerte er sein Gewehr so fest es ging. Die Taliban hatten ihn hier festgenagelt und der Bundeswehrsoldat verfluchte sich innerlich für seine heroische, aber sinnlose Heldentat. Er würde mit seinen Kameraden im zweiten Fahrzeug sterben, sofern von denen überhaupt noch jemand lebte. Hoffentlich würden sich wenigstens die anderen in Sicherheit bringen.

In dem Moment bellte auf einmal das schwere Maschinengewehr auf dem Dach des Dingo Transporters los. Alex lachte auf und bezahlte die Hoffnung sogleich mit einem stechenden Schmerz im Brustkorb. Die anderen ließen ihn nicht im Stich.

Die Bundeswehrsoldaten hatten sich ungefähr zweihundert Meter zurückgezogen und bekämpften die Afghanen nun aus einer Entfernung, wo die Präzession der Waffen und Schützen einen Unterschied machte. Mehrere Male versuchten die Gotteskrieger mit ihren Panzerfäusten russischer Bauart den Wagen zu treffen, doch sie verfehlten. Die tödlichen Hohlladungen explodierten wirkungslos im Staub Afghanistans.

Nun mischte sich auch Alex wieder in den Kampf ein. Er richtete sich unter Schmerzen auf und blickte durch die Zieloptik in die Augen eines Jungen, der kaum älter als 15 wirkte. Der junge Talibankämpfer hatte seine Kalaschnikow auf Alex gerichtet, und so lösten beide ihren Schuss gleichzeitig aus.

Alex schreckte auf und hielt sich die Schulter. Verwirrt blickte er sich in einem Zimmer um. Das Licht war gedämpft und er blickte auf den knackigen Arsch eines Mädchens, welche neben ihm im Bett lag. Sie hatte eine hübsche Figur und lag nauf dem Bauch, so dass er nur ihr gewelltes, brünettes Haar sehen konnte.

Einen Moment lang konnte er sich nicht an ihren Namen erinner. Sein Herz raste. Seine Gedanken drehten sich immer noch um Afghanistan. Er war noch immer dort, an einem anderen Ort, fern der sicheren Heimat. Schweiß zeichnet seine Stirn und er rieb sich die Augen.

Es dauerte einige Momente, bis die Schleier der Vergangenheit ihn nicht länger quälten. Die Digitaluhr zeigte 4:31. Draußen war es noch dunkel. Wie spät war es jetzt in Afghanistan? Vormittag. Die Sonne Stand bereits hoch am Himmel. Die zierliche Frau neben ihm rekelte sich im Schlaf wie eine Artistin, die eine Schlange nachahmt. Mit jedem Herzschlag kehrte mehr von der Gegenwart in sein Bewusstsein zurück.

Er roch ihr schweres, sinnliches Parfüm. Er roch den Geruch von Sex. Es roch gut, roch nach etwas anderem, roch nach einem anderen Leben, welches Weit weg von den blutgetränkten Wüsten am Hindukusch lag.

Seine kräftige Hand wanderte über ihren makellosen Po und er spürte sogleich seine erwachende Libido. Blut füllte seine Männlichkeit und er rollte sich auf die vor sich hinschlummernde Schönheit in seinem Bett.

Von Müdigkeit benommen reagierte sie erst, als er schon von hinten in ihr bereits vor Stunden erobertes Poloch eingedrungen war, so dass ihr Schmerz erträglich war. Sie keuchte laut auf und vergrub ihre langen Fingernägel tief in das schwarze Laken.

„Der wilde Tiger will mit seiner Katze spielen?“, raunte sie immer noch schlaftrunken. Sie kannte offenbar sein wildes Liebesspiel und wehrte sich nicht dagegen.

Zentimeter um Zentimeter nahm er erneut besitz von ihrem engen Darm. Er drückte sich in ihr zartes Fleisch und trieb ihr den Atem aus den Lungen. Er kannte keine Rücksicht mit der jungen Frau, die sich unter ihm sowohl vor Schmerz, als auch von unterschwelliger Lust wand. Sie warf ihren Kopf in den Nacken und biss sich auf ihre Lippen.

Dann begann er sie mit gleichmäßigen zu Stößen. Er bewegte seinen Riemen rhythmisch in ihren After. Er keuchte und schnaufte von animalischer Lust beseelt. Sie drückte ihm ihr Becken entgegen und ertrug seine wilden Stöße mit immer größerer, eigener Lust. Ihre Pforte war noch vom abendlichen Liebesspiel mit Vaseline eingeschmiert. So konnte sie sich schnell an das pralle Glied in ihrem Darm gewöhnen, welches er auf so brutale Weise in sie trieb.

„Ja, oh, geil, du wilder Tiger!“, keuchte sie um ihn anzuheizen. Er fickte ihr nicht nur den Schlaf aus ihrem Körper, nein, er trieb sie nun langsam selbst zu einem Gipfel der Lust. Alex war ein rauer, wilder Kerl, und sie stand darauf. Sie liebte es, wenn ein Mann sich einfach das nahm, was er begehrte, und nicht wie ein kleines Hündchen darum bettelte. Damit hatte Alex einen Charakterzug, der im politisch korrekten 21. Jahrhundert immer seltener geworden war.

Alex redete nicht mit ihr, sondern beantwortete ihren Wunsch mit noch heftigeren Stößen, welche ihr die Tränen in die Augen trieben. Er fickte sie von hinten in ihren knackigen Arsch. Er rammelte sie, wie ein tollwütiges Tier, welches keinen seiner Triebe mehr unter Kontrolle hatte. Für ihn war sie nichts weiter als ein Stück Fleisch, welches ganz allein seinem Lustgewinn diente.

Als der ehemalige Soldat schließlich mit lautem Stöhnen tief in ihrem Darm abspritze, kreischte die junge Frau ebenfalls laut auf. Sie fühlte, wie sich sein Orgasmus durch ihren zierlichen Körper zog, welcher sie jedoch nur halb so sehr befriedigte, wie er ihr Lust auf mehr machte. Während sein dicker Penis Schübe seines heißen Samen tief in ihren Bauch entlud, sehnte sie sich danach von ihm nun sogleich in ihre feuchte Fotze gefickt zu werden. Aber Alex dachte nicht daran.

Denn er war fertig mit ihr, und so ließ sich der Ganganführer und Fitnesstrainer neben seiner Gespielin wieder in die Kissen sinken. Er hatte von ihr genommen, was er wollte, und dachte nicht daran ihr mehr von sich zu geben. So muss das Mädchen nun selbst Hand an ihre um Erlösung flehende Vulva legen.

Sie streichelte behutsam ihre Scham, während aus ihrer Rosette der Samen des Mannes tropfte. Sie massierte mit ihren Fingern ihre erregte Klitoris, während sie sich laut stöhnend und keuchend auf dem Bett bewegte. Sie hoffte darauf, dass er wieder aufwachte und sich ihrer annahm. Sie sehnte sich danach erneut von ihm bestiegen und besamt zu werden, aber dieser Wunsch blieb ihr verwehrt. So kam sie schließlich durch ihre eigene Hand, während Alex neben ihr ruhig weiterschlief.

***

Kim fühlte sich benommen. Sie saß auf ihrem Skateboard und lehnte müde an dem Geländer, welches zu den oberen Gleisen führte. Normal hätte sie sich nicht soweit in den Bahnhof hinein gewagt, aber draußen war es kalt und nass. Ein Nebel hatte sich über die Stadt gelegt und umgab nun die Welt ihre Welt mit seinen surrealen Schleiern.

Die obdachlose Skaterin streichelte mit ihren Fingerkuppen über die inzwischen fühlbare Wölbung ihres Bauchs. Auf den ersten Blick konnte man vielleicht übersehen, dass die junge athletische Frau in ihren lässigen Jeans und mit ihrem weiten Kapuzenpulli schwanger war. Kim hatte es selbst lange genug selbst verleugnet. Inzwischen konnte sie jedoch deutlich spüren, was eigentlich nicht sein durfte.

Dem Mädchen war zum Heulen zumute, doch sie riss sich zusammen. Die Maske der gelassenen, coolen Kim hatte in den vergangenen Monaten schon genug Kratzer bekommen. Der Ostbahnhof war als Platz für die jungen Skater nicht wirklich optimal. Polizei und privater Wachschutz der Bahn vertrieben die Jugendlichen und manchmal setzte es dabei auch Schläge. Viele der Jugendlichen ihrer Clique kamen deshalb nur noch selten auf den Platz vor dem Bahnhof. Natürlich waren sie immer noch eine Familie, eine Gang, die sich vor allem am Wochenende und wenn es sonnig war, traf.

Aber es war irgendwie anders. Hier am Ostbahnhof waren neben Polizei und Wachschutz auch Dealer und Zuhälter nicht weit. Sie blieben außerhalb des Bahnhofskomplexes, in den Seitengassen und bildeten eine latente Drohkulisse, für die Jugendlichen, für die Kim immer auch so eine Art große Schwester war.

Die Leichtigkeit des Sommers war vorüber und die Schwermut des Herbsts und des herannahenden Winters legten sich über die jungen Menschen. Es kam öfters vor, dass nun, wo die meisten ihrer Freunde wieder in die Schule oder Arbeit gingen, sie fast den ganzen Tag alleine ihre kleinen Kunststückchen auf dem weitläufigen Platz vorführte. Dieses Gefühl des Alleingelassenseins wog für die ansonsten so lebensfrohe Kim schwerer als alles andere. Sie wünschte sich die Nähe ihrer Gang, die sich mehr und mehr auflöste.

„Entschuldigen Sie junge Frau, aber Sie können hier nicht bleiben!“, sprach sie plötzlich jemand mit kräftiger Stimme an.

Kim blickte auf und sah zwei Männer in den Wachschutzuniformen der Bahn. Der eine war recht klein, kleiner als Kim. Der andere war eine hochgewachsene Bohnenstange. Beide waren wohl mehr als doppelt so alt wie Kim und ihre Miene ließ darauf schließen, dass keiner von beiden seinem Traumjob nachging.

„Wieso? Ich sitze hier doch nur“, erwiderte die junge Frau.

„Dies ist ein Bahnhof, hier sitzt man nicht einfach so herum. Hier kommt man her, um in einen Zug einzusteigen, oder ihn zu verlassen. Im Namen der Deutschen Bahn erteile ich Ihnen hiermit Hausverbot. Kann ich mal bitte Ihren Ausweis sehen?“

Kim sprang auf, einen Fuß auf ihrem Skateboard, doch bevor sie losfahren konnte, hielt einer der Männer sie am Arm fest. „Deinen Ausweis, Mädchen.“

„Lasst mich sofort los!“, fauchte das blonde Mädchen überrascht.

„Zuerst deinen Ausweis!“

„Wieso?“, fragte Kim und wollte sich losreißen, doch der kräftige Arm hielt sie gnadenlos fest. „Ich saß hier durch nur rum.“

„Weil du so aussiehst, wie …“ Weiter kam er nicht, denn plötzlich viel ihm eine Frau von der Seite ins Wort und sprach: „Also ich sitze hier auch viel rum. Wollen Sie jetzt auch meinen Ausweis sehen? Sind wir wieder im Dritten Reich?“

Alle drehten sich zu einer älteren, aber rüstigen Dame um, die sich zu ihnen gesellt hatte. Sie hatte schneeweißes Haar und trug ein dunkelblaues Kostüm. Auf den ersten Blick konnte man sie für Anfang 60 halten, aber jeder, der ein wenig in den Gesichtern der Menschen lesen konnte, musste wohl schnell ihr wahres Alter jenseits der 70 erraten.

„Wie meinen Sie?“ Der kleinere der beiden Männer blickte sie mit einem leicht grimmigen Blick an.

„Bei den ganzen Verspätungen der Bahn sitze ich auch viel auf dem Bahnhof herum. Wollen Sie nun meinen Ausweis auch sehen?“

„Ähm, nein“, antwortete der Mann vom Wachschutz leicht verwirrt.

„Gut, dann lass Sie jetzt bitte den Arm meiner Enkelin los, oder Sie können sich auf ein Disziplinarverfahren gefasst machen. Oder werfen Sie meiner Enkelin irgendetwas vor?“

„Ähm, nein, wir dachten nur das …“ Wieder viel ihm die resolute Frau ins Wort und sprach: „Gut. Dann lassen Sie uns jetzt bitte in Ruhe. Ich habe heute schon genug Zeit im ICE verloren.“

Der Mann löste seinen Griff um Kims Arm und die beiden Männer ließen die beiden Frauen ziehen. Kim, die mindestens genauso überrascht wie die Bahnbediensteten war, folgte der Frau, die sich als ihre Großmutter ausgegeben hatte und als sie um die nächste Ecke gebogen waren, sagte sie: „Danke.“

„Bitte.“ Die ältere Frau nickte freundlich und sprach dann: „Du siehst recht abgekämpft aus, Mädchen. Komm lass uns dort drüben hinsetzen und einen Kaffee und etwas Kuchen essen. Ich lade dich ein.“

***

Wenig später saßen die beiden bei Kaffee und Kuchen in einem Bahnhofsbistro. Kim hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Sie war zu verwirrt und hungrig, als dass sie das Angebot hätte ausschlagen können. Ihr Skateboard lehnte neben ihrem Stuhl und sie verdrückte ein großes Stück der leckeren Süßspeise.

„Warum haben Sie mir geholfen?“, fragte sie schließlich.

„Du bist Kim, oder?“

„Äh, ja“, murmelte die junge Frau und blickte unsicher zu ihrer neuen Gönnerin. „Wieso?“

„Ich bin auf der Suche nach dir“, gestand sie.

„Nach mir?“ Ihre Hand glitt an ihr Skateboard. Binnen eines Herzschlags rieten ihr ihre Sinne zur Flucht.

„Du bist doch die Kim, die sich hier auf den Straßen immer mit anderen Kindern und Jugendlichen herumtreibt. Deine Gang nennt sich Thunder Chicken, oder? Keine Angst, Kind. Ich will dir nichts Böses.“ Die Frau legte knochigen Finger auf die der jungen Frau, die sie misstrauisch musterte.

„Was wollen Sie?“, fragte Kim sie nun direkt. Ihre grünen Augen taxierten die ältere Frau genau. Es war ungewöhnlich, dass jemand außerhalb der Skaterszene etwas von den Thunder Chicken wusste und Kim liebte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Es hatte gute Gründe gegeben, von Zuhause zu verschwinden.

„Ich bin Hanna Scheuring. Du kennst mich vermutlich nicht und das macht nichts, aber ich komme zu dir, weil ich deine Hilfe brauche.“ Die Stimme der Frau klang ernst, professionell, sie klang nach einer Person, die es gewohnt war zu befehlen.

„Meine Hilfe? Sehe ich aus, als könnte ich irgendjemanden helfen?“

„Meiner Enkelin, ja. Kennst du Silvia Prinker?“

„Noch nie gehört. Sollte ich?“, fragte Kim nach. Der Name sagte ihr wirklich nichts.

Die Frau wirkte ein wenig enttäuscht. Sie griff in ihre Handtasche und holte ein Foto heraus und reichte es Kim, die sich inzwischen wieder ein wenig entspannt hatte. Sie nahm es und warf einen Blick auf das Bild einer ca. 15 Jährigen mit braunen Haaren. Neben dem Mädchen stand ein Pferd. Es war offensichtlich auf einem Reiterhof aufgenommen worden. Das Mädchen trug Reitersachen und einen Helm unter dem Arm. Es sah total kitschig aus, aber Kim gefiel es. Zurzeit gefiel ihr sowieso fast alles war romantisch oder kitschig war. Sie wirkte glücklich und so dachte auch Kim zurück an die Zeit, wo Pferde und Reiten für sie ein fernes, Heileweltglück bedeuteten. Das Mädchen auf dem Foto wirkte seltsam vertraut, doch es dauerte einige Momente, bis die Ganganführerin der Thunder Chicken das Bild einer Person zuordnen konnte, denn das Foto war offenbar schon etwas älter. Vielleicht 5 Jahre oder so.

„Shiva, sie nennt sich Shiva“, erklärte Kim. Sie kannte Shiva. Letztes Jahr war die Herumtreiberin eines Tages am Kriegerdenkmal aufgetaucht und hatte einige Monate mit ihnen verbracht.

„Shiva, so hieß ihr Pferd“, erklärte die Großmutter und seufzte.

„Wieso suchen Sie nach ihr?“ Neugier schwang in ihrer Stimme mit.

„Das Bild stammt aus schöneren Zeiten. Vor drei Jahren hat sich meine Tochter mit einem schlimmen Mann eingelassen und diesen geheiratet.“ Sie klang nun seltsam melancholisch.

„Und?“ Fast alle Männer waren irgendwie schlimm, eine Feststellung die Kim jedoch auch für fast alle Frauen zutreffen würde.

„Silvias Stiefvater war ein Trinker und ich fürchte er hat auch Hand an meine Enkeltochter gelegt. Sie ist jedenfalls kurz nach der Hochzeit von zuhause davon gelaufen.“ Die alte Frau wirkte von einem Augenblick auf den anderen um Jahre gealtert. Sie wirkte nun nicht mehr so selbstbewusst und herrisch, sonder wie eine gebrochene Frau, die den Schatz ihres Lebens verloren hatte.

Das würde zu Shiva passen. Als Kim sie kennenlernte, war sie neu in der Stadt und wirkte recht verstört. Die Skaterin hatte Shiva gezeigt, wie man auf der Straße zurechtkommt. Wenn sich ihr Stiefvater wirklich an dem Mädchen vergangen hatte, würde dies bestimmt einige ihrer seltsamen Verhaltensweisen erklären.

„Und was wollen Sie jetzt von ihr? Und was wollen Sie von mir?“, wollte Kim wissen und streifte sich mit den Fingern durch ihr blondes Haar.

„Ich will meine Enkeltochter wieder. Und du sollst mir dabei helfen.“

Der zweite Satz ließ Kim erstaunt das Gesicht verziehen. „Sehe ich vielleicht aus wie die Auskunft?“, fragte sie leicht verärgert. Sie hasste es, wenn jemand von ihr etwas erwartet.

„Nein, aber du kennst die Stadt und die Straßenkinder. Du lebst unter ihnen und nach allem, was man so hört, bist du ein guter Mensch. Du kennst meine Enkeltochter. Silvia oder Shiva, du willst doch auch nicht, dass ihr etwas passiert.“ In den Augen der Frau war nun etwas Flehendes. Kim war versucht auf ihr Board zu springen und einfach davon zu fahren, doch sie tat es nicht.

„Ich bin aber keine gottverdammte Privatdetektivin!“, verteidigte Kim ihre Ablehnung mehr vor sich selbst als vor der alten Frau. „Warum heuern Sie keinen Privatdetektiv an, ich habe wirklich andere Probleme, als mich um Ihre Enkeltochter zu kümmern.“

„Das habe ich bereits. Aber nach sechs Monaten Suche haben die immer noch nichts gefunden. Silvia hat jeden Kontakt zu ihrem alten Leben abgebrochen. Dein Name war alles, was sie herausgefunden haben.“

Plötzlich erinnerte sich Kim an einen Mann von Mitte vierzig, der sie vor ein paar Monaten nach Shiva ausgefragt hatte. Damals hatte sie ihm mit ein paar Lügen auf eine falsche Fährte gelockt, da sie ihm nicht traute und Shiva schützen wollte. „Vielleicht hat sie die Stadt verlassen.“

„Nein!“ Die alte Frau schüttelte energisch den Kopf und Kim glaubte, in ihren Augen Tränen zu entdecken.

„Wieso glauben Sie das?“, bohrte sie deshalb nach.

„Letzte Woche rief Sie mich an. Sie klang …“, die Frau schien kurzzeitig mit sich um Worte zu ringen und sprach dann weiter: „Sie klang erschöpft und kränklich. Sie wollte, dass ich ihr helfe, dann brach die Verbindung ab. Die Telefonnummer gehörte zu einem Münztelefon hier in der Stadt. Ich glaube, ich habe einen Schrei gehört, bevor die das Gespräch abbrach.“

„Wäre das denn dann nicht trotzdem eine Sache für die Polizei?“ Das Straßenmädchen mochte die Polizei nicht, aber sie hatte noch immer keine sonderlich große Lust von der Frau eingespannt zu werden, auch wenn ein Teil von ihr bereits versuchte der netten Frau zu helfen. Sie erinnerte Kim an die Großmutter, die sie nie gehabt hatte.

„Die Polizei hat meine Aussage aufgenommen und hat einen Streifenwagen vorbeigeschickt. Da Silvia inzwischen aber schon über 18 ist und außerdem bereits mehr als ein Jahr von zuhause davon gelaufen ist, kann die Polizei nicht viel machen.“

Die junge Frau nickte. Sie konnte die Polizei verstehen. Kim war selbst von zuhause abgehauen. Sie lebte alleine auf der Straße und hatte alle Verbindungen zu ihrer Vergangenheit abgebrochen. Vermutlich wussten ihre Eltern nicht einmal, in welcher Stadt Kim lebte, aber das war auch besser so. Aber Shiva war nicht sie. Das Mädchen hatte immer schon viel verletzlicher gewirkt als Kim.

„Ich kann mich ja mal nach ihr umhören. Vielleicht bekomm ich etwas heraus. Ok?“ Das Klang unverbindlich und so wollte Kim es auch haben, schließlich war sie sich selbst noch nicht ganz sicher, ob sie sich wirklich darauf einlassen sollte. Schließlich schuldete sie weder Shiva noch ihrer Großmutter Hanna etwas. Gleichzeitig empfand die werdende Mutter Mitleid mit der alten Frau. Es war dieses seltsame Gefühlschaos, welches Kim schon seit Monaten begleitete. Warum hatte sie dumme Kuh sich auch von Alex schwängern lassen? Sie hasste ihn.

„Das habe ich gehofft.“ Hanna Scheuring nahm aus ihrer Handtasche einen Umschlag und reichte ihn der jungen Frau. „Hier drinnen sind noch einige Informationen und meine Visiten Karte. Ruf mich bitte an, wenn du sie gefunden hast. Bitte!“

Kim steckte den Umschlag in die Bauchtausche ihres Pullovers, ohne hineinzusehen und stand auf. Das alles wurde ihr langsam zu viel. In ihrer Brust und ihrem Bauch rumorte es und die Skaterin wollte einfach nur noch fort.

„Ich werde es versuchen“, versprach sie und sprang gekonnt auf ihr Brett. Auf den glatten Marmorboden des Cafés quietschten die Räder kurz und dann war Kim schon in der Menschenmenge verschwunden, während Hanna ihr hoffnungsvoll nachsah.

***

Nachdem sie den Bahnhofskomplex hinter sich gelassen hatte, fuhr Kim mit ihrem Board einen Straßenzug weiter, bis sie sich in die geschützte Hofeinfahrt eines kleinen Computerladens verzog. Der Besitzer des Ladens hatte hier eine kleine Gartenlaube aus grün lackiertem Blech hingestellt, die ihm als Lager für allen möglichen Schrott diente. Außerdem lag hier jedoch auch eine Matratze und so hatte das Mädchen dies als ihren Ort als ihr neues Domizil auserkoren.

Da Kim recht hübsch war, hatte der Besitzer sie dort auch nie verscheucht und war nur einmal so zudringlich geworden, dass sie ihm auf der Matratze einen schnellen Ritt verpasst hatte. Das war zwei Wochen her und seid diesem einem Mal schien er eher Angst vor der selbstbewussten Blondine zu haben. Oder aber er hatte Angst, dass er sie geschwängert hatte und man jetzt schon die Folgen sah. Was für ein komischer Kauz.

Kim schmunzelte. Der Mann war Anfang vierzig und so verstockt wie kaum ein anderer, denn sie bis jetzt kennengelernt hatte. Vermutlich war er so ein richtiger Computer Nerd und das Mädchen hatte den blassen Kerl mit der Brille und dem wirren, schütteren Haar entjungfert. Vielleicht sollte sie dies zu ihrem Vorteil nutzen. Sie schüttelte jedoch gleich wieder den Gedanken ab. So etwas war nicht ihr Stil. Sie fand ihn irgendwie süß und wollte ihm nichts Böses. Außerdem wirkte er auf sie noch so unreif, auch wenn er kaum jünger als ihr leiblicher Vater war.

Sie ließ sich auf der Matratze nieder und nahm den Briefumschlag heraus. Der Umschlag wog schwer und in das dicke Papier waren die Buchstaben HS in schnörkeliger Schrift eingepresst worden.

Als Erstes wurde sie von zwei 100 Euroscheinen überrascht, welche von einem Zettel mit der Aufschrift „Für Auslagen bei der Suche nach meiner Enkelin“ zusammengehalten wurden. Ein aktuelleres Foto von Shivas Gesicht war dabei. Sie war darauf 16, und hatte alle Leichtigkeit des anderen verloren. Kim verstand, warum die Frau lieber das andere Bild ihrer Enkelin mit sich führte. Eine Visitenkarte von Dr. jur. Hanna Gabriela Scheuring war ebenfalls in dem Umschlag. Außerdem war da ein Zettel mit der Telefonnummer und der Adresse der Telefonzelle, von wo sich Shiva das letzte Mal gemeldet hatte. Kim merkte sich die Adresse und steckte alles wieder in das Kuvert.

Die Tatsache, dass ihr diese ihr fremde Frau 200 Euro geben hatte, lag Kim schwer im Magen. Mit Kaffee und Kuchen war sie keine Verpflichtung eingegangen, so aber fühlte sie sich irgendwie schuldig, wenn sie nicht zumindest ihr Bestes gab, um ihre Enkeltochter zu finden. Außerdem hatte das Gespräch sie auch ein wenig aufgerührt. Wenn Shiva wirklich in Schwierigkeiten steckte, wollte Kim ihr helfen. Zumindest wollte sie Frau Scheuring ermöglichen, ihrer Enkelin zu helfen. Sie streichelte sich über ihren festen Bauch und wünschte sich selbst eine solche Großmutter.

***

Gerhard blickte dem Mädchen sehnsüchtig hinterher, welches auf ihrem Skateboard aus dem Hinterhof auf die Straße fuhr. Im Laden war gerade kein Kunde. Er saß gelangweilt an seinem Rechner und prügelte in einem MMORPG auf irgendwelche Monster ein, um seine täglichen Quests abzuschließen. Das Spiel befriedigte ihn schon längst nicht mehr und die noch frischen Erinnerungen an Kim ließen seinen Geist schweifen.

Gerhard schloss die Augen. Er hatte immer noch ihren Duft in der Nase. Die Erinnerungen an jenen Abend, als er das Straßenmädchen eigentlich fortschicken wollte kamen wieder auf. Das Mädchen hatte ihn wehmütig angesehen und war auf ihn zugegangen und sagte: „Bitte, ich habe sonst keinen Schlafplatz. Und dieser ist sehr gemütlich.“

Sie hatte ihre Hand in seinen Schritt gelegt und ihn gestreichelt, wie es noch nie zuvor eine Frau mit ihm gemacht hatte. Sie küsste ihn, und auch wenn sie mehr als halb so alt wie er war, tat sie es mit einer Selbstsicherheit und Leidenschaft, welche seine Unbeholfenheit mehr als ausglich.

Ihre geschickten Finger knöpften langsam sein Hemd auf und streichelten seine Brust. Er fühlte noch immer jenes elektrisierende Kribbeln, als sie mit ihren Fingerkuppen durch sein Brusthaar und über seine Brustwarzen streifte.

Er fühlte, wie ihre Hände seine Hose öffneten und seinen Penis freilegten. Gemeinsam legten sie sich auf die Matratze seines alten Betts, welche er eigentlich zum Sperrmüll geben wollte, nieder. Sie küsste seinen Hals und seine Brust. Sie rieb ihr Becken an dem seinen.

Gerhard stöhnte auf. Das Gefühl war für ihn zu überwältigend. Er spürte, wie sich ihre Lippen um seinen Schwanz legten und ihn auf ihre weibliche Art molk. Er höre ihr schmatzen, während er selbst fast vor Lust verging. Er vernahm, wie sie eine Kondompackung aufriss. Gerhard spürte, wie sie es über seinen steifen Penis stülpte, welcher fast vor Geilheit schmerzte.

Als sich Kim auf seinem Glied niederließ, war der Computerhändler im siebten Himmel. In die feuchte Grotte einer Frau einzudringen war für den alternden Nerd ein Gefühl, welches er mit nichts in der Welt vergleichen konnte. Ihre Schamlippen legten sich um seinen reifen Schwanz, während sie ihn immer schneller ritt.

Niemals hätte er sich erträumt, wie es ist, von einem so hübschen Mädchen in dieses Reich der Sinne entführt zu werden. Mehrmals machte sie eine kleine Pause, während er fast so weit war, in ihr zu kommen. Sie beugte sich zu ihm runter und küsste sein blasses Gesicht. Sie streichelte seinen Brustkorb und setze schließlich ihren Ritt fort, um ihm die ersehnte Erlösung zu schenken.

Er spritze los. Gerhard keuchte laut und bäumte sich auf. Als er die Augen öffnete, sah er zwischen seine Beine und blickte befriedigt in seinen Laden. Er saß immer noch vor seinem Computer. Seine Hände hatte nun das mit seinem Schwanz getan, was die Mädchenfotze vor zwei Wochen mit ihm gemacht hatte.

Er nahm ein Taschentuch und wischte die Spuren seiner Selbstbefriedigung weck. Innerlich hoffte er, dass Kim ihm diesen Dienst erneut erweisen würde, aber er hatte Angst sie wieder zu anzusprechen. So verpackte er seinen Penis und sehnte sich nach ihr.

***

Kim hatte sich stundenlang gedankenverloren durch die Straßen der Stadt treiben lassen. Sie hatte nicht nur über jene seltsame Unterhaltung mit Hanna sondern auch über ihr eigenes Leben und das Leben ihrer Clique nachgedacht. Ihr Skateboard war zu einer Zeitmaschine mutiert, mit der ihr Geist durch die Vergangenheit reiste, bis sie schließlich in einem Nichts ankam, welches sich als Gegenwart entpuppte. Genaugenommen war dieses nichts ein Autobahnzubringer, an dem starker Verkehr herrschte. Hier ging es aus der Stadt, die zu ihrer Heimat geworden war.

Sie drehte sich um und blickte zurück. Die Sonne stand tief und beleuchtete die Skyline. Die Fenster der Hochhäuser funkelten, als ständen sie in Flammen. Hier war sie zuhause. In den Gassen und Straßen mochte es kalt und nass sein, aber für einen Moment war sie überwältigt von dem majestätischen Anblick, während sich im Kessel dieser Stadt die sonst grauen Nebelschwaden in feuriges Licht hüllten.

Kim schlug kurz die Augenlieder. Sie wendete ihr Skateboard mit einem eleganten Trick und fuhr in die Stadt zurück. Sie dachte an Shiva und das Geld ihrer Großmutter. Sie konnte es nicht zurückgeben, denn das Mädchen brauchte jeden Euro, aber sie wollte die nette alte Frau auch nicht betrügen.

So entschied Kim, zumindest heute ein wenig nach dem verschwundenen Straßenmädchen zu suchen. Der Fahrtwind streifte ihr Haar und sie überlegte fieberhaft, wo sie mit ihrer Suche anfangen konnte. Die üblichen Stellen hatten die Privatdetektive bestimmt schon abgeklappert und Kim hatte keine rechte Inspiration.

Mit dem Fuß beschleunigte sie ihre Fahrt auf dem fast menschenleeren Gehweg und sie schloss während der Fahrt die Augen. Die kühle Abendluft streichelte ihr Gesicht. Sie ließ sie treiben, um einen ihrer sonst so zahlreichen Gedankenblitze zu haben. Sie dachte über die gemeinsame Zeit mit Shiva nach. Dachte daran, wohin sie wohl an ihrer Stelle gegangen wäre. Shiva war nicht für das Leben auf der Straße bestimmt. Sie hatte sich weder auf dem Skateboard noch unter den anderen jugendlichen Abenteurern wirklich wohlgefühlt. Sie war auf der suche nach jemandem, der ihr Schutz bot.

„Pass doch auf!“, schrie plötzlich eine männliche Stimme und sie öffnete die Augen gerade noch rechzeitig, um den alten Mann mit seinem Gehstock nicht über den Haufen zu fahren. Mit einem geschickten Schlenker wich sie ihm aus, ohne an Fahrt zu verlieren. Die junge Frau grinste frech und bog in die nächste Straße ein, ohne weiter auf die wüsten Beschimpfungen des Mannes einzugehen. „Blindes Huhn!“ war alles, was sie noch hörte.

Kim gefiel das Leben auf Messersschneide. Für die junge Frau bedeutete es Freiheit. Geschickt balancierte sie mit ihrem Skateboard Tag für Tag auf diesem dünnen Faden. Auf ihrem Brett war sie daheim. Mochten sich andere an ihr stören, sie blieb so, wie sie eben war. Andere Frauen hätten vielleicht an das Kind in ihrem Bauch gedacht. Sie hätte Angst um sich und das Ungeborene. Doch sie war nicht gewillt ihre Freiheit aufzugeben, selbst wenn es Schmerz oder gar ihren Tod bedeute.

Manchmal, wenn sie einsam irgendwo kauerte, hatte sie schon Zweifel an sich. In diesen Momenten dachte sie an ihre nichtvorhandene Zukunft. Sie dachte daran, dass sie den Winter vielleicht nicht überleben würde. Mit einem dicken Babybauch konnte sie schließlich kaum bei irgendwelchen Kerlen für ein paar Tage Unterschlupf finden, wie sie es in den vergangenen Jahren gemacht hatte. Doch so bald sie wieder auf ihrem Board stand, waren all die Zweifel, all Ängste weggeblasen. Das Adrenalin ersetze sogar den Hunger, der sie schon mehr als nur einmal geplagt hatte. Wenn ihr der Wind ins Gesicht blies, war sie einfach nur glücklich und unbekümmert.

Vielleicht war es jene leichtsinnige Unbekümmertheit, die sie jetzt auch dazu trieb, weiter in Richtung Nordpark zu fahren. Die Werwölfe hatten den weitläufigen Platz des dortigen Kriegerdenkmals zu ihrem Revier gemacht. Genauer gesagt: Ihr Anführer hatte Kim und ihre Gang bei einer Wettfahrt besiegt. Dies war jedoch nicht der einzige Preis, denn sie für ihre schmerzhafte Niederlage zahlen musste. Alex, der Anführer der Werwölfe hatte sie für einen Fick als Preis bekommen. Die leichte Wölbung ihres Bauches war die Folge jenes Tages vor vier Monaten.

Dieser Sieg und auch ihr martialisches Auftreten hatten großen Einfluss auf die Jugendlichen in der Stadt. Viele der Jungen und auch Mädchen ihrer Gang waren ebenfalls zu ihnen gegangen. Vielleicht wusste Alex, was aus Shiva geworden war. Sie hasste diesen gut aussehenden Mistkerl zwar, war dies der schnellste Weg, wertvolle Infos über das Mädchen zu erhalten.

Mit dem Fuß beschleunigte sie das Tempo weiter, als sie den Kreisverkehr verließ. Sie erblickte die Treppe, die ihr beim letzten Mal den Sieg gekostet hatte. Kims Herz raste. Augenblicklich schossen ihre Drüsen weiteres Adrenalin in ihren Kreislauf und trieben die Skaterin dazu eine große Dummheit zu tun.

So schnell sie konnte fuhr sie auf die Treppe zu, die hinunter zum Platz des Kriegerdenkmals führte. Beim letzten Mal hatte sie sich bei dem Sprung nur mit viel Glück nichts gebrochen. Diesmal wollte sie den Trick vollenden. Sie schrie einen Kampfschrei aus, welcher bestimmt so manchen auf dem Platz in ihre Richtung sehen ließ und sprang dann ab.

Kim und ihr Skateboard stiegen in die Luft und sie sprang über Seitenmauer der Treppe. Erschrocken blickte mehre Jungen auf, die unter der Treppe an der Wand lehnten und gerade ihre Zigaretten qualmten. Die junge Frau und ihr Brett schwebten mehre Meter über sie hinweg und fast jeder auf dem Platz starrte fassungslos in ihre Richtung.

Vor vier Monaten hatte ihr Board den Sprung nicht heil überstanden. Kim dachte nicht an damals. Sie dachte nur an den Augenblick und dieser Augenblick gehörte ihr. Nach über 10 Meter Flugstreck berührten die Hinterräder ihres Skateboards als Erstes den glatten Boden. Dann krachten Vorderräder auf den Stein. Die Skaterin federte ihr eigenes Gewicht mit den Knien ab und ging dabei tief in die Hocke. Das Material ihres Bretts ächzte bedrohlich, aber es hielt.

Unter dem Jubel dutzender, zumeist jugendlicher Skater, verfuhr sie die überschüssige Energie ihres Sprungs und brachte das Skateboard dann vor dem Denkmal zum Stehen. Die Werwölfe standen im Halbkreis um die junge Frau herum. Die meisten erkannten sie sofort. Einige kannte Kim von früher, andere waren ihr vollkommen neu.

„Starker auftritt Kim!“, stellte Tobi fest und fügte sofort hinzu: „Was willst du hier? Willst du dich uns anschließen?“

„Nur wenn du mir den Sprung nachmachst“, erwiderte sie noch immer berauscht von diesem Auftritt. Sie entließ den 19 jährigen Skater, in seiner langen Jeans und seinem grauen Kapuzenpullover, aus der Verlegenheit, in dem sie sogleich fortfuhr: „Ich bin hier, um mit Alex zu reden. Wo ist er?“

Kim sah sich ein wenig verwirrt um. Normal sollte selbstherrliche Anführer der Werwölfe doch da sein. Er war eigentlich auch ein Grund für ihren risikoreichen Auftritt. Erst vor ein paar Wochen hatte ihr jemand erzählt, dass sich Alex hier immer mit einem ganzen Harem herumtreibt. Auch von seiner Schlampe, Elke, war nichts zu sehen. Wie kann er es wagen? Kim verzog die Miene.

„Der kommt glaub ich erst später, aber wenn du wegen einem Nachschlag vom letzten Mal hier bist, kann ich gerne für ihn einspringen.“ Tobi war in Kims Augen kaum mehr als ein Wichtigtuer. Bevor er zu den Werwölfen ging, hatte er sie schon bei den Thunder Chicken immer recht gerne angebaggert. Vielleicht war es an der Zeit ihn etwas herunter zu putzen.

„Wenn du mich in einem Rennen besiegst, darfst du mich auch ficken, sofern du etwas von Wert als Wetteinsatz hast, wenn du verlierst“, bot sie ihm mit einem Lächeln an.

Die Augen waren nun auf den Jungen gerichtet, der plötzlich ein wenig unfreiwillig im Mittelpunkt stand. Diesmal entließ ihn Kim jedoch nicht aus seiner selbst gewählten Lage. Tobi schien hin und her gerissen zwischen dem verlockenden Angebot und den minimalen Chancen gegen Kim zu bestehen. Kim war gut, viele sahen in ihr die beste Skaterin der Stadt. Gegen sie anzutreten war fast gleichbedeutend mit einer Niederlage. Vielleicht war es aber genau das, was die hübsche junge Frau bei den jugendlichen Skatern so begehrt machte.

Als Tobi nicht antwortete, besann sich Kim, warum sie hergekommen war. Sie sprach laut in die Runde: „Dann eben nicht. Sagt mal, weiß jemand euch zufällig, was aus Shiva geworden ist? Viel schlechter als Tobi war sie ja auch nicht auf dem Brett.“

Kim hatte die Lacher auf ihrer Seite und Tobi blickte das ungefähr gleich alte Mädchen mit wütendem Blick an. In seinen Augen spiegelte sich Mordlust, denn er hasste nichts so sehr, wie vorgeführt zu werden.

„Dafür geht sie jetzt mit jedem ins Bett, der dafür zahlen kann“, erklärte Raffi, ein Skater in quietschbunter Hose, die aussah, als hätte man sie Picasso anvertraut.

Kim ließ den vor Wut schäumenden Tobi stehen und wandte sich dem anderen Jungen zu. „Wie meinst du das?“

„Ich habe letztens gehört, Shiva geht jetzt im Happy 18´s anschaffen.“

„Du warst wohl einer ihrer Kunden“, feixte einer der anderen Skater, den Kim nicht kannte.

Die anwesenden Jungs lachten alle. Sie ließ sich davon jedoch nicht beirren und ging zu ihm.

"Danke, du hast mir sehr geholfen", murmelte sie und gab Raffi spontan einen Kuss auf die Lippen, wo durch sie die Tonlage der Anderen augenblicklich änderte. Der Junge war verblüfft, doch als er ihre warmen Lippen auf den seinen fühlte, öffnete er intuitiv die seinen. Beide berührten sich einen Moment lang mit ihren Zungen. Als sich ihre Lippen von ihm lösten, stand er mit hochrotem Kopf da, während ihn nicht wenige der Jungs beneideten.

„Danke“, hauchte sie ihm ins Ohr und fügte leise, aber gut verständlich hinzu: „Ich schulde dir etwas.“

Dann wandte sie sich auch schon von ihm ab und schwang sich auf ihr Skateboard. Während sie davon fuhr, hinterließ sie auf dem Platz eine Schar lachender und schnatternder Jungen und Mädchen, die man gut und gerne auch mit einem Hühnerstall verwechseln konnte. Nur Tobi blickte ihr verärgert nach. In dieser Angelegenheit war für ihn das letzte Wort noch nicht gesprochen.

***

Kim fühlte, dass sie einen Volltreffer gelandet hatte. Das Happy 18´s war weniger als fünf Minuten von der Telefonzelle entfernt, von der aus der Anruf kam. Die Straße lag in der Nähe des Hauptbahnhofs und gehörte zu Orten der Stadt, die kleine Mädchen nachts besser meiden sollten. Sie selbst gehörte zwar genau zu der Risikogruppe, dachte aber nicht sich von der aufziehenden Dunkelheit beeindrucken zu lassen. Vielleicht war Kim von einer gewissen Todessehnsucht beseelt, vielleicht war sie jedoch auch nur leichtsinnig oder mutig.

Sie bog auf ihrem Skateboard in die Straße ein. Im Vorbeifahren fielen ihr die zahlreichen Straßennutten auf, welche sie misstrauisch beäugten. Eine junge Frau um diese Zeit auf dem Gehweg bedeutete in ihren Augen vor allem ungeliebte Konkurrenz. Das merkte auch Kim, denn immer wieder erntete die Skaterin pfiffe und zurufe aus vorbeifahrenden Autos.

Ein Mann stellte sich ihr direkt in den Weg und fragte das Mädchen: „Hey, lasst du dich direkt auf deinem Board nageln?“

Kim, die selten um eine freche Antwort verlegen war, erwiderte: „Manchmal, aber heute bin ich selbst auf der Suche nach einem Mädchen. Vielleicht nagle ich dich später!“

Sie machte mit ihrem Brett einen Sprung auf die Straße. Es kam ihr sicherer vor. Sie teilte lieber ihren Weg mit Autos als mit Huren und Freiern.

Neben dem Happy 18`s befand sich eine Spielothek und ein Pornokino. Ihre Neonreklamen flankierten den des Nachtklubs - ein leuchtend rotes Herz, welches eine ebenfalls rote 18 umschloss.

Sie wechselte die Straßenseite und nahm ihr Skateboard in die Hand. Die junge Frau hatte noch nie ein Bordell besucht und so wusste sie nicht, was sie da drin erwarten würde. Sie atmete kurz tief durch. Ihre Vorstellungen beruhten vor allem auf Hollywoodfilmen. Vor ihrem geistigen Auge rekelten sich drinnen mehrere laszive Frauen auf samtenen Kissen, während mehrere Tänzerinnen an Stangen ihre Kunststücke vorführten.

Kim hatte mühe ihre innere Stimme niederzuringen, die sie davor warnte, durch die Tür zu gehen. Da drinnen lauerte Gefahr. Shiva war schließlich nicht ohne Grund in Schwierigkeiten. Der innere Kampf dauerte länger als gewöhnlich und so trat auf die Schwelle des Happy 18`s und ging durch die Tür in die Höhle des Löwen.

***

Um 18 Uhr war Alex´s Schicht zu Ende. Der athletische Mann ging unter die Dusche des Fitnessstudios, in dem er arbeitete, und verließ es eine viertel Stunde später. Den ganzen Tag über hatte er mit lüsternen Singles und einsamen Ehefrauen geflirtet, so dass er es erst einmal genoss, wieder auf sein Skateboard zu springen und in seinen Park zu fahren.

Vor Jahren hatte ein Beamter der Stadt beschlossen den Park und das Kriegerdenkmal mit Straßenlaternen zu beleuchten, um keinen dunklen Ort für zwielichtige Subjekte zu schaffen. Was würde sich dieser Beamter wohl denken, wenn er wüsste, wer sich nun am Abend im Licht dieser Laternen tummelte.

Seine Gang lungerte wie üblich auf dem Platz herum. Einige Jungs machten waghalsige Tricks, während andere auf den Stufen hockten und mit ihren Handys, Smartphones und Freundinnen umspielten. Das Wort Freundin traf es hier nicht all zu genau, da die meisten der Mädchen wie ein Wanderpokal in der Gang herumgereicht wurden. Nachdem er auf der Arbeit inzwischen eine große Anzahl an recht willigen und durchwegs ansehnlichen Frauen zur Auswahl hatte, kümmerte ihn dieses Treiben kaum mehr. Ab und an beanspruchte er die eine oder andere für sich, so wie es ein Rockstar mit seinen Groupies machte, bevor er diese an die Band weiterreichte.

„Hey Alex, ausgeschlafen?“, begrüßte ihn Tobi, der wohl insgeheim hoffte, ihn irgendwann ablösen zu können.

„Ja. Gab es was Besonderes, wo ich weck war?“

„Die Bullen waren mal kurz da, und haben wegen der Sache mit dem Jungen vor zwei Wochen noch mal nachgefragt.“

„Und?“, fragte Alex nach.

„Der ist auf seinem Brett ausgerutscht und auf den Boden geknallt. Wir haben ihn dann nur ins Krankenhaus geholfen.“ Diese Version kam der Wahrheit erstaunlicherweise recht nahe, wenn man die Sache mit den Schlägen und Tritten außer Acht lässt. Der Anführer nickte.

„Sonst noch was?“

„Kim, die Schlampe, die du vor ein paar Monaten gevögelt hast, war hier.“ Tobi ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen.

„Was wollte sie?“, fragte Alex erstaunt. Nachdem er Elke den Laufpass gegeben hatte, dachte er nur noch selten an das Mädchen. Die Dämonen seiner Vergangenheit setzen ihm immer häufiger zu, und er wollte niemanden an seiner Seite haben, vor dem er sich rechtfertigen musste. Er fickte inzwischen jede Woche mehrere neue Frauen, auch wenn ihm keine davon etwas bedeutete. Nun kamen in ihm Erinnerungen hoch und er dachte an ihren heißen Fick auf dem Kriegerdenkmal. Irgendetwas in ihr erinnerte ihn an sich selbst. Vielleicht war dies der Grund, warum sie ihm nicht mehr losließ. Vor zehn Jahren hatte ein einmal in einem romantischen Anflug an so etwas wie eine Seelenverwandte geglaubt. Das war allerdings, bevor man das Herz des Jungen gebrochen und auf den Müll entsorgt hatte. Inzwischen glaubte er an nichts mehr. Und so sollte es auch bleiben.

„Sie war auf der Suche nach dir. Und wir haben sie in Happy 18`s geschickt.“

„Was? Weswegen?“ Nun wirkte Alex etwas verwirrt. Er kannte das Happy 18`s aus seiner Zeit als Türsteher. Damals hatte der Laden, der von einem gewissen Ace geführt wurde, einen denkbar schlechten Ruf.

„Sie wollte von uns wissen, wo Shiva ist. Raffi meinte, er hätte sie im Happy 18´s gesehen.“

Alex kannte Shiva. Sie hatte sich kurzzeitig bei den Werwölfen verkochen, aber die raue Art, wie man hier miteinander umsprang, hatte sie wohl abgeschreckt. Aber war das wirklich ein Grund in eines der miesesten Bordelle der Stadt zu wechseln. Angeblich hatte Ace seine Finger sogar im Bereich Zwangs- und Kinderprostitution drinnen. Shiva hätte von ihrem Aussehen also durchaus in sein Beuteschema gepasst. Armes Ding, aber so war nun mal das Leben.

„Und was wollte Kim von mir?“

„Vielleicht wollte sie mit dir wegen dem Kind reden?“, meinte David. Der Junge war aus Kims kleiner Gang zu den Werwölfen gewechselt.

„Shiva?“

„Nein, Luci meinte letzt, dass Kim von dir schwanger sein könnte.“

„Was?“, Alex stockte der Atem.